Herbstgutachten der Wirtschaftsforscher: Export wird zur Achillesferse

Die Pandemie zeigt: Deutschlands Wirtschaft hat die Globalisierung zu weit getrieben und sich zu sehr mit dem weltweiten Geschehen verzahnt.

Luftbild eine Containerschiffs.

Abhängig vom Export: Containerhafen im chinesischen Qingsao Foto: VCG/imago

Die deutschen Wirtschaftsforscher haben ihre Negativprognose zu Recht noch einmal verschärft. Deutschland befindet sich nicht allein auf dem Planeten – und in vielen Weltgegenden wird die Pandemie im Winter wieder außer Kontrolle geraten. Die Schäden, die Donald Trump bereits angerichtet hat, lassen sich auch beim Amtsantritt eines demokratischen Präsidenten im Januar nicht wieder rückgängig machen. Die Zahlen in Europa wirken jetzt schon äußerst beunruhigend; viele Länder diskutieren über einen neuen Lockdown. Indien und Lateinamerika sind zwar nicht vom Winter auf der Nordhalbkugel betroffen, doch auch dort wütet das Virus weiterhin.

Gerade in den Ländern des globalen Südens drohen daher Finanzkrisen mit den bekannten Folgeeffekten, die sich meist mehrere Jahre hinstrecken. Die Staatshaushalte stehen dort schon in guten Jahren auf kippligen Füßen, und die Bankensysteme sind nicht so robust. In Europa wird die EZB zwar Staats- und Bankenpleiten durch ihre Politik des billigen Geldes zu verhindern wissen. Doch es droht eine paradoxe und sehr ungesunde Kombination aus extremer Geldschwemme und zu niedriger Inflation – oder gar Deflation – wegen Nachfrageschwäche. Einziger Lichtblick ist China, das ein Vierteljahr früher als der Rest der Welt in die Krise geschliddert ist, jetzt aber schon wieder erstaunlich vital daraus hervorgeht.

Die Industrie hat bisher gar nicht so unter den Kontakteinschränkungen im Inland gelitten, sondern fast nur unter schwacher Nachfrage im Ausland. Deutschlands Wirtschaft hat die Globalisierung zu weit getrieben und sich zu sehr mit dem weltweiten Geschehen verzahnt. Selbst Industrievertreter sprechen inzwischen über die Vorteile einer teilweisen „Abkopplung“, um diese Risiken zu minimieren. Das macht auch unabhängiger von Lieferungen aus dem Ausland. „Exportweltmeister“ sollte im Lichte der Pandemie nicht mehr als Ehrentitel verstanden werden, sondern als Teil des Problems.

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