Anja Krüger über die Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr
: Es muss leider sein

Wenn Busse und Bahnen wegen eines Streiks nicht fahren, ist das alles andere als schön. Für Millionen von Menschen ist der öffentliche Nahverkehr extrem wichtig. Funktioniert er nicht, wird es nervig oder teuer, wenn das Taxi unvermeidlich ist. Nicht jedeR kann aufs Auto oder Rad umsteigen. Aber: Gerade weil der ÖPNV für viele unverzichtbar ist, waren die Warnstreiks der Beschäftigten richtig. Nur wenn die MitarbeiterInnen im öffentlichen Nahverkehr gute Arbeitsbedingungen haben, gibt es überhaupt die Option, mehr Verkehr auf Busse und Bahnen zu verlagern. Denn irgendwer muss den Betrieb aufrechterhalten, auch nachts und am Wochenende.

Den AktivistInnen von Fridays for Future und etlichen Umwelt- und Jugendverbänden, die sich mit den Warnstreikenden solidarisch erklärt haben, ist das klar. Ihre Unterstützung ist für die Beschäftigten wichtig. Sie leisten einen großen Beitrag dazu, dass sich die Stimmung nicht gegen die Streikenden dreht. Denn es gibt viele Fahrgäste und BeobachterInnen, die gar kein Verständnis für einen Warnstreik in Coronazeiten haben. Nur: Den Beschäftigten bleibt angesichts der hartleibigen öffentlichen Arbeitgeber keine andere Wahl, als sich mit aller Kraft für ihre Interessen einzusetzen. Die Coronakrise schafft an vielen Punkten Fakten. Wollen die Leute im ÖPNV mit ihrem Anliegen nicht vorschnell abgehakt werden, müssen sie jetzt etwas tun.

Der Unmut sollte sich statt gegen die Streikenden gegen die öffentlichen Arbeitgeber richten. Die sind nicht einmal bereit, über eine bundesweite Angleichung etwa der Urlaubstage zu sprechen. Verdi will den Einstieg in eine schrittweise Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Das ist eine berechtigte Forderung. Denn es ist nicht einzusehen, dass die einen 26 Tage Urlaub haben und die anderen 30 Tage oder Beschäftigte viele hundert Euro weniger verdienen als die KollegInnen anderswo. Solange sich die öffentlichen Arbeitgeber dagegen sperren, über bundesweite Vereinheitlichungen überhaupt zu reden, muss es weiteren Druck geben.

nahaufnahme