Kohleausstieg und Zukunftsplanung: Blühen, nicht glühen

Der Bund will in den Kohleregionen 40 Milliarden Euro investieren – für neue Schienen, Straßen und Forschungsinstitute.

ein Fahrradfahrer und eine Fahrradfahrerin stehen vor einer Abraumförderbrücke in der Lausitz

In der Lausitz bei Finsterwalde: der ehemalige Tagebau ist heute ein Besucherbergwerk Foto: Clemens Zahn/laif

BERLIN taz | Mit Dutzenden von Milliarden Euro will die Bundesregierung das postkohloniale Zeitalter gestalten. Am Donnerstag unterzeichneten Regierung und die Braunkohleländer in Berlin eine Vereinbarung, die in diesem und im nächsten Jahr jeweils eine Milliarde Euro für etwa 80 Projekte freigibt.

Gleichzeitig setzen sie ein gemeinsames Gremium ein, um die weiteren Vorhaben auszuwählen, die in der Lausitz, im Mitteldeutschen Revier in Sachsen-Anhalt und im Rheinland das Ende der Braunkohleproduktion wirtschaftlich abfedern sollen. Über 20 Jahre sollen insgesamt 40 Milliarden Euro Bundesmittel fließen, dazu kommen in den ersten Jahren noch einmal gut 2 Milliarden Euro aus der EU.

Staatssekretär Ulrich Nußbaum vom Bundeswirtschaftsministerium sagte: „Bis 2038 wollen wir nicht nur die Folgen des Kohleausstiegs abmildern, sondern wir wollen zeigen, dass der Ausstieg eine Chance für Modernisierung und Wachstum sein kann.“

Die Chefin der brandenburgischen Staatskanzlei, Kathrin Schneider, versicherte: „Die Lausitz ist bereits im Arbeitsmodus. Priorität hat die Stärkung und Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit.“

Geld für Wärmewende, Stromspeicher, CO2-freie Industrie

Die Liste der Projekt eist lang. Dazu zählen neue Straßen und Schienen, Forschungsinstitute und der Aus- und Aufbau von neuen Industrien, die vor allem in die Bereiche erneuerbare Energien, Effizienz, Speichertechniken oder Biotechnologie gehören. Geplant ist etwa eine neue ICE-Verbindung zwischen Cottbus und Berlin und eine bessere Verbindung von Leipzig nach Chemnitz, aber auch etliche Straßen.

Außerdem soll die Uni Cottbus einen Zweig für Medizin bekommen, das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum DLR will in der Stadt eine Forschungsstelle zur CO2-freien Industrie ansiedeln und in Jülich verstärkt an alternativen Treibstoffen forschen. In Leuna ist Forschung zur Bioökonomie geplant, und bei Leipzig sollen Zentren für Naturschutzdaten und Artenvielfalt entstehen.

„Wir wollen, dass die betroffenen Regionen in 20 Jahren deutlich besser dastehen als heute“, heißt es aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Bisher gebe es beim Strukturwandel allerdings nur „potemkinsche Dörfer“, kritisierte Oliver Krischer, Vizechef der grünen Bundestagsfraktion. Gebraucht würden „klare Kriterien und eine verständliche Erklärung, wozu das Geld dienen soll“. Es müsse in den Klimaschutz investiert werden und nicht in Straßen oder in Stromspeicher für Kohlestrom.

Der klimapolitische Sprecher der Linksfraktion, Lorenz Gösta Beutin, schlägt vor, in den Regionen Stiftungen zu gründen, die transparent und demokratisch über die Vergabe der Mittel entscheiden. Der Strukturwandel müsse „mit den Menschen vor Ort organisiert werden“, hieß es.

Grundlage für die Investitionen sind die Beschlüsse der „Kohlekommission“ von 2019, die eigentlich „Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hieß. Darin wurde das Kohle-Aus bis 2038 festgelegt, aber auch Entschädigungen für Unternehmen und die Regionen.

Von den insgesamt 40 Milliarden Euro bekommt die Lausitz 43 Prozent, das Rheinische Revier 37 und das Mitteldeutsche Revier 20 Prozent. 14 Milliarden fließen an die Länder, die Programme etwa für Breitbandausbau, öffentlichen Nahverkehr oder lokale Wirtschaftshilfen aufgelegt haben, 26 Milliarden investiert der Bund etwa in die Erforschung von Flugtaxis oder die „Wärmewende“.

Zusätzlich können die Länder jetzt auch noch Geld aus Brüssel erhalten. Im „Fonds für einen gerechten Übergang“ sind für Kohleregionen im EU-Haushalt und im Coronahilfsprogramm insgesamt 17,5 Milliarden Euro vorgesehen. Aus diesem Topf stehen Deutschland nach EU-internem Verteilschlüssel noch einmal gut 2 Milliarden Euro zu.

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