Verlängerung des Kurzarbeitergelds: Geld ist da – gebt es aus!

Das Kurzarbeitergeld und andere Hilfspakete zu finanzieren, ist kein Problem. Deutschland kann Kredite zu einmalig günstigen Konditionen aufnehmen.

Ein Mann hält einen kippenden Stapel Stühle fest.

Manche Branchen brauchen Staatshilfe, bevor die die Stimmung kippt: Café-Mitarbeiter in Kempten Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Was kann sich der Staat leisten? Diese Frage wird immer lauter gestellt, und Anlässe finden sich genug, um die Staatsfinanzen besorgt zu betrachten. Momentan wird über eine Verlängerung des Kurzarbeitergelds diskutiert, und weitere Konjunkturpakete dürften ebenfalls nötig werden. SPD-Finanzminister Olaf Scholz hat bereits angekündigt, dass die „schwarze Null“ auch 2021 nicht eingehalten wird.

Eigentlich gibt es keinen Grund zur Sorge, denn die Bundesrepublik kann sich fast unbegrenzt verschulden. Die deutschen Staatsanleihen gehen weg wie warme Semmeln: Die Renditen für zehnjährige Papiere lagen am Montag bei minus 0,5 Prozent. Die Anleger sind also bereit, dem deutschen Staat Geld zu schenken, wenn er Kredite aufnimmt. Die Bundesrepublik gilt als „sicherer Hafen“ in einer unsicheren Welt, und daher akzeptieren die Anleger sogar Minuszinsen für das Privileg, deutsche Staatsanleihen zu besitzen.

Oder um grundsätzlich zu werden: Zusätzliche Kredite der Bundesregierung wären nur ein Problem, wenn die Verschuldung im Ausland oder aber die Inflation rasant ansteigen würden. Doch bekanntlich hat Deutschland gigantische Exportüberschüsse, und eine Geldentwertung ist auch nirgends zu entdecken. Im Juni lag die Inflationsrate bei nur 0,9 Prozent – trotz der zusätzlichen Staatsverschuldung.

Die Deutschen könnten also ganz gelassen bleiben und die Coronakrise mit Geld zuschütten. Doch stattdessen beginnen sinnlose Verteilungskämpfe, die vor allem von den Konservativen angezettelt werden. Ihre Botschaft lautet: Auf das Kurzarbeitergeld würden sie künftig gern verzichten – aber die Verlustrückträge der Unternehmen, die sollen möglichst unbegrenzt sein.

Unbegrenzte Verlustrückträge bedeuten, dass alle Verluste der Vergangenheit auf die Gewinne angerechnet würden. Die Steuerlast der Unternehmen würde also stark sinken. Allerdings hat dieser schicke Plan einen Haken: Es würden vor allem die Betriebe profitieren, die hohe Gewinne machen. Sonst fallen keine Steuern an, die man sparen kann. Die Starken würden also gestärkt, obwohl sie wahrscheinlich keine Hilfe brauchen.

Zweiter Haken: Es ist nicht sicher, dass die Unternehmen noch Gewinne machen würden, falls der Staat kein Kurzarbeitergeld mehr zahlt und damit die Nachfrage stützt.

Man sollte auf ritualisierte Verteilungskämpfe verzichten. Die Coronapandemie trifft fast alle – und Geld wäre vorhanden, um die Folgen zu lindern. Man muss es nur „drucken“, indem der Staat Kredite aufnimmt.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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