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Magnum-Archiv geht offline

Die weltberühmte Fotoagentur überarbeitet ihr Archiv nach Kritik an Bildern zur Kinderprostitution

Vor dreißig Jahren recherchierte der US-amerikanische Fotograf David Alan Harvey zum Sexgewerbe in Bangkok und produzierte dabei eine Serie zur Kinderprostitution. Bloßgestellt werden sollten nicht die Mädchen im Bild, sondern die, die nie im Bild sind: die Kunden der Kinder, die männlichen Sextouristen. Schon 1989 war es schwer verständlich, wie ein solches Vorgehen, das keinen Täter und nur Opfer kennt, die hehre Absicht überhaupt befördern könnte.

Inzwischen ist die einstmals als Magazin-Beitrag entstandene Serie aber digitalisiert, damit ihrem ursprünglichen Kontext enthoben und über die Website von Magnum aller Welt zugänglich. Im Suchregister des Bildarchivs der Fotoagentur wurde sie unter anderem verschlagwortet mit „teenage girl – 13–18 years“. Das darf man dann ruhig als Einladung an entsprechende Kreise betrachten – oder als absolute, unverständliche Naivität und Dummheit bei der ganz wesentlichen Aufgabe, wie ein Archiv zugänglich gemacht wird.

Bei Magnum darf man wohl auf Letzteres tippen, was die Sache nicht unbedingt besser macht. Denn es zeigt, dass wichtige Metadiskurse zur journalistischen Fotografie, also Überlegungen zu Form, Wirkung und Vermittlung dokumentarischer Fotografie dort nie angekommen sind. Damit steht Magnum sicher nicht allein. Und insofern spricht wenig dafür, dass die Bildarchive anderer Agenturen und Magazine, sei’s Getty oder der Stern besser strukturiert und mit ihrem Schlagwortregister intelligenter organisiert wären. Da könnte und sollte jetzt durchaus mal das große Aufräumen einsetzen.

Wobei es nicht darum geht – oder jedenfalls nicht gehen sollte –, altes Material, das heute anstößig wirkt, wegzuschließen und auszusortieren. Es geht vielmehr darum, dem Archivbesucher und der Archivbesucherin Möglichkeiten an die Hand zu geben, das Material in seinem historischen Entstehungskontext zu verstehen und zu sehen. Es geht aber auch darum, schon damals verfälschende Bildinformationen richtigzustellen, denn auch dieser Fall ist durchaus häufiger anzutreffen, als man gemeinhin glaubt.

Das wird natürlich eine aufwendige Angelegenheit, und man muss befürchten, dass Bildarchive lieber entsorgt als neu überarbeitet werden. Wertvolle Sammlungen werden verschwinden. Insofern steht zu befürchten, dass die Skandalisierung von Bildmaterial der Agentur Magnum, die offenbar ein konservativer Landschaftsfotograf mit einen Pick auf Magnum betreibt, nicht für den Aufbruch in bessere Zeiten steht. Brigitte Werneburg

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