Linken-Politikerin attackiert: Mit Würgemal davongekommen

Im oberbayrischen Kösching wird eine Linken-Kommunalpolitikerin stranguliert. Alle Indizien sprechen für eine rechtsmotivierte Tat.

Zwei Fähnchen mit dem Parteiloge der Linken

Der Angreifer soll mehrfach „Ihr scheiß Linke“ gerufen haben Foto: Matthias Balk/dpa

MÜNCHEN taz | Bereits am Sonntagabend wurde die Linken-Kommunalpolitikerin Stefanie Kirchner im oberbayerischen Kösching von einem Unbekannten angegriffen und stranguliert. Mehrfach rief der Mann nach Angaben Kirchners „Ihr scheiß Linke“. Kirchner trug erhebliche Würgemale sowie eine Wunde davon, die von einem scharfen Gegenstand verursacht wurde, eventuell einem Messer.

Die Tat ereignete sich gegen 23 Uhr, als Kirchner in ihrem Wohnort einen Spaziergang machte. Der Täter kam demnach von hinten und konnte von der Politikerin nicht erkannt werden. Die Krankenpflegerin befreite sich mit Fußtritten und lauten Rufen von dem Mann. Kirchner ist Mitglied des oberbayerischen Bezirkstages.

Nachdem sie Anzeige erstattete, ermitteln nun Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft. Die für Staatsschutzdelikte, also politisch motivierte Straftaten, zuständige Abteilung der Kripo Ingolstadt prüfe den „kompletten Sachverhalt“, sagte eine Sprecherin. Weitere Informationen wollte sie nicht geben – auch nicht, ob die Attacke von den Behörden gegenwärtig als Körperverletzung, versuchtes Tötungsdelikt oder Mordversuch angesehen wird.

Erst durch eine Veröffentlichung des Linken-Landesverbandes Bayern auf dessen Homepage am Donnerstag wurde der Fall bekannt. „Der Anschlag auf die linke Bezirksrätin ist ein Anschlag auf die Demokratie“, schreibt die Landessprecherin Eva Bulling-Schröter. Linken-Parteivorsitzende Katja Kipping machte „rechte Gewalttäter“ für die Attacke verantwortlich und wünschte Stefanie Kirchner „viel Kraft und eine schnelle Genesung“.

Zweifelhaftes Kommunikationsverhalten

Bayerns Linken-Geschäftsführer Max Steininger sagte der taz, dass sich die Politikerin nun an einem sicheren Ort befinde. Ihr gehe es den Umständen entsprechend gut. Bei der Tat sei wohl ein Draht oder ein Seil verwendet worden. „Wir nehmen eine Tötungsabsicht an.“ Nachdem Polizei und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit über mehrere Tage hinweg nicht informiert hatten, sah sich die Partei dazu veranlasst.

Kösching ist eine Marktgemeinde mit 10.000 Einwohnern im Landkreis Eichstätt und liegt nahe Ingolstadt. In einem solch kleineren Ort spricht sich eine Gewalttat wie diese schnell herum. “Das geht ja irgendwie uns alle an“, sagt der Geschäftsführer Steininger. „Wir wollen informieren und auch warnen.“ Irritierend wirkt das Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft gegenüber der Öffentlichkeit, das einem Informationsboykott gleichkommt.

Es ist ungewöhnlich, dass die Behörden in einem solchen Fall mit einem zu vermutenden rechtsextremen Hintergrund keine Pressemitteilung herausgeben, keine Pressekonferenz abhalten und auch sonst fast keine Informationen mitteilen. Das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord in Ingolstadt berichtet auf seiner Homepage etwa über neue Fälle von Cybertrading oder exhibitionistische Handlungen, die Gewalttat auf die Linken-Politikerin findet keine Erwähnung.

„Wir werden jetzt zusammenhalten“, sagt Max Steininger, „nun lassen wir uns erst recht nicht einschüchtern.“ Immer wieder kommt es zu politisch motivierter Gewalt gegenüber Politikern. Gravierendster Fall der letzten Zeit war die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch einen mutmaßlichen Nazi wegen flüchtlingsfreundlicher Aussagen des Politiker.

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