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Gegen die Regeln der Natur­

Großes Interesse auch bei der Wissenschaft, schlicht zu groß für einen Kleingarten: In Spandau wird ein Permakulturgarten geräumt

Von Nicole Opitz

Karin Schönberger läuft am Mittwoch ein letztes Mal durch ihren Garten, streichelt Pflanzen und Blätter, bevor ihr Vermieter das Schloss um den Eingang hängt. Acht Jahre lang betrieb die 75-Jährige Permakultur in ihrem Garten „Weiße Rose“, es war mehr Gemeinschafts- als Privatgarten, es gab auch eine Kooperation mit der Humboldt-Universität. Auf 840 Quadratmetern goss, schnitt und häckselte sie Pflanzen. Anderes ist für Permakultur nicht vorgesehen: die Natur regelt den Rest.

Das begeistert Klima­schüt­zer:in­nen – so sehr, dass sie an dem Tag morgens um halb acht in den Spandauer Garten kommen, mit Schönberger Kaffee trinken, Croissants essen und diskutieren. Denn nach Räumungsklage und Gerichtsbeschluss steht seit Juni fest: Schönberger muss den Garten verlassen. 840 Quadratmeter sind zu groß für einen Kleingarten, der Berliner Senat erlaubt 400 Quadratmeter.

Das ist das Ende eines langen Streits. Auf der einen Seite stehen Klima-Aktivist:innen, auf der anderen Seite hoffen eben viele in der Stadt auf einen Kleingarten. Lars Struve, zuständiger Referent für den Bezirksstadtrat Spandau, erklärt: „Der Garten Schönbergers soll in zwei Kleingärten geteilt werden. Die Teilung soll in der zweiten Jahreshälfte 2020 erfolgen.“

In Berlin gibt es 70.953 Kleingärten auf rund 2.900 Hektar. Wie viele Berliner:innen auf einer Warteliste für einen Kleingarten stehen, ist dem Umweltsenat nicht bekannt. Die Wartelisten führen die Bezirksverbände.

Dort, wo in der Weißen Rose mal eine Jurte stand, legen Ak­ti­vist:innen ein Banner hin, auf dem steht: „Berlin braucht MEHR Gärten!“ Das „Netzwerk Urbane Gärten“, ein Zusammenschluss verschiedener Gemeinschaftsgärten, hatte zur Solidarität mit Karin Schönberger aufgerufen. Etwa zehn Freund:innen und Aktivist:innen vom Prinzessinengarten-Kollektiv und der Prachttomate Neukölln sind gekommen. Auch sie haben rechtliche Probleme mit ihren Gemeinschaftsgärten.

Um acht Uhr steht dann Schönbergers Vermieter am Gartenzaun. Er sagt: „Ich möchte Sie bitten, diesen Garten zu verlassen. Nehmen Sie Ihre Fahrräder mit.“ In der Hand hält er ein silbernes Schloss. Schnell eskaliert die Situation, Aktivist:innen rufen laut durcheinander, der Vermieter ruft die Polizei.

Mit der taz sprechen möchte er nicht. Noch bevor er angesprochen wird, sagt er: „Wenn Sie das für Ihren Blog protokollieren, haben wir ein Problem.“ Ob er die taz-Journalistin zunächst für eine Bloggerin hielt, ist unklar. Doch auch nachdem er erfährt, dass er mit der taz spricht, lehnt er ein Gespräch ab.

Kurz darauf kommt die Polizei und der Vermieter erstattet Anzeige gegen einen der Aktivisten; er fühlte sich bedroht. Der wollte eine Gegenanzeige erstatten. Bis die sechs Polizist:innen den Streit zwischen den Parteien in den Griff bekommen, vergeht eine Stunde.

Ein typisch deutscher Kleingartenkrieg? Vielleicht. Die Rechtslage mag klar sein, der Sohn von Karin Schönberger sieht dabei ein Stück zerstörte Natur. Er ruft dem Vermieter zu: „Sie sind ein Umweltmörder! Ein Insektenmörder!“

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