: Verpixelung bleibt Sache der Redaktionen
Ob Fotos verpixelt werden, muss die Redaktion entscheiden, nicht der Fotograf. Ein Fotograf kann daher nicht bestraft werden, wenn er der Redaktion unverpixelte Fotos liefert. Das entschied jetzt eine Kammer des Bundesverfassungsgerichts.
Der Journalist Andreas H. war zu Recherchezwecken im Klinikum Aachen. Dort fotografierte er im Wartebereich der Notaufnahme einen Mann mit Mundschutz. Der Mann wollte sich auf Ebola untersuchen lassen, weil er einige Wochen zuvor Besuch aus Afrika hatte und jetzt unter Fieber litt. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass kein Fall von Ebola vorlag.
Der Mann und eine Ärztin verlangten von dem Journalisten H. noch vor Ort, das Foto zu löschen. H. weigerte sich, er wolle Missstände dokumentieren. Es könne nicht sein, dass ein Ebola-Verdächtiger 40 Minuten mit anderen Patienten in der Notaufnahme warten müsse. Auf bild.de wurde über den Vorfall berichtet. „Ebola-Panne in NRW?“ lautete die Überschrift damals. Dabei wurde das Foto des Patienten unverpixelt gezeigt.
Der Journalist H. wurde deshalb letztlich zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen verurteilt. Er habe gegen das Kunsturhebergesetz (KUG) verstoßen, das das Recht am eigenen Bild schütze.
Die Verfassungsbeschwerde des Journalisten hatte nun Erfolg. Die Verurteilung greife in die Pressefreiheit ein und sei durch das KUG nicht gerechtfertigt.
Zunächst stellen die Verfassungsrichter fest, dass es sich um einen „Vorgang der Zeitgeschichte“ handelte. Der Journalist durfte mutmaßliche Missstände im Klinikum mit Fotos dokumentieren, ohne dabei die Zustimmung der abgebildeten Personen einholen zu müssen. Dabei musste der Journalist aber die „berechtigten Interessen“ des Abgebildeten beachten, so die Richter. Denn bereits die Weitergabe der Fotos an die Redaktion der Bild stellte eine „Verbreitung“ der Aufnahmen dar. Der Journalist musste deshalb „Prüf- und Vorsorgepflichten“ beachten.
Zu diesen Pflichten gehörte allerdings nicht die Lieferung bereits verpixelter Bilder. Auch musste er nicht auf die Verpixelung drängen, so die Richter, denn es gehöre zu den Aufgaben einer professionellen Fotoredaktion, über die Verpixelung von Fotos zu entscheiden.
Der Journalist hätte nur die Umstände der Aufnahme mitteilen müssen, insbesondere dass der Abgebildete der Aufnahme widersprochen hatte. Ob der Journalist diese Pflicht erfüllt hatte, muss nun das Landgericht Aachen klären. Christian Rath
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