Ohne Wasser geht es einfach nicht

Drei niedersächsische Landwirte berichten von den Auswirkungen, die der fehlende Regen auf ihre Betriebe hat. Mit Ernteeinbußen rechnen sie alle, aber das Ausmaß variiert je nach Boden und Niederschlagsmenge. In Anpassungsstrategien vertrauen nicht alle Bauern

Keine Regenwolke steht am Himmel, der Boden ist staubtrocken: Bleibt das Wetter so, rechnen die Landwirte mit Ernteausfällen Foto: Sina Schuldt/dpa

Protokolle Alina Götz

Ostfriesland ist eine Region mit jährlich gut 850 Liter Regen pro Quadratmeter. Das ist überdurchschnittlich im Vergleich zum Rest des Landes. Im Winter hatten wir durchgehend feuchte Bedingungen, sodass sich das Reservoir im Boden normalisiert hat. Seit Anfang März hatten wir eine Trockenperiode. Das hat mich am Anfang nicht gestört, da ich größtenteils über tonhaltigere Böden verfüge, die das Wasser besser speichern als sandige.

Theo Eilers

60, ist Agraringenieur und Landwirt in Wittmund, Ostfriesland.Er bewirtschaftet 120 Hektar, 75 Hektar sind Acker mit den Energiepflanzen Mais, Rüben, Winterweizen und Futtergras. Der Rest ist Grünland.

Die ersten Mangelerscheinungen wurden bei mir vor einem Monat sichtbar; die Kulturen haben aufgehört zu wachsen. Nach einem ergiebigen Regen von 35 Millimetern in den letzten Wochen hält sich der Schaden jedoch in Grenzen. Aber ich habe das letzte Jahr vor Augen und weiß, dass es im Sommer wochenlang trocken sein kann. Kommt es so, wäre die Ernte bedroht. Bei meinen Standorten gehe ich aber nicht davon aus, dass ich nachhaltige Ertragsschäden habe.

Thorsten Riggert

52, ist Landwirt in Uelzen, Lüneburger Heide. Er hat eine Biogasanlage und hält Schweine. Auf 120 Hektar wachsen Mais, Getreide und Rüben; sein Kooperationspartner baut Kartoffeln und Zwiebeln an.

Das Wetter ist für uns katastrophal. Es hat in den letzten Wochen 20 Liter pro Quadratmeter geregnet, das ist fast nichts. Der Boden ist leer. Das Wintergetreide Gerste, Weizen und Roggen, das jetzt eigentlich fröhlich vor sich hin wachsen sollte, hat eine Wachstumsdepression und fängt an, die Körner in der Ähre zu reduzieren. Wenn das Wetter weiter so bleibt, fangen die ersten Bestände an zu vertrocknen. Im jetzigen Stadium sind die Körner noch leer. Das wäre also ein Totalausfall.

Wegen der geringen Niederschläge und des leichten Bodens beregnen wir in unserer Region. Wir können 95 Prozent unserer Äcker bewässern, so viel wie sonst nirgendwo in Deutschland. Der leichte Boden ist aber auch gut, denn unter ihm kann sich Grundwasser neu bilden. Alle Früchte bewässern wir nicht, die Menge ist durch Wasserentnahmerechte für die Landwirte reguliert. Im Schnitt liegt die bei 80 Liter pro Quadratmeter Acker im Jahr. Seit ein paar Jahren komme ich da aber bei Früchten wie Kartoffeln, Zwiebeln, Zuckerrüben, in Teilen auch Mais, nicht hin. Dafür bräuchte ich gut 130 Liter. Man muss also sparen, ganz nach betriebswirtschaftlichen Aspekten. In der Regel wird dann das Getreide nicht bewässert. Das fressen meine Schweine zwar hauptsächlich, als weltweites Handelsgut kann ich es aber zukaufen. Im Gegensatz zu Silage, die Rindviehbetriebe brauchen.

„Das Wetter ist für uns katastrophal. Der Boden ist leer“

Thorsten Riggert, Landwirt in Uelzen

Aufgrund der Trockenheit laufen gerade hier in der Region viele Forschungsprojekte zur Beregnung. Gerade versuchen wir, noch mehr Regenwasser aufzufangen. Wir wollen dezentrale, kleine Becken bauen. Andere Kulturen anzubauen, ist dagegen keine Lösung. Wir produzieren Nahrungs- und Futtermittel, das Angebot wird über die Nachfrage bestimmt. Wir können den Leuten ja nicht vorschreiben, was sie essen sollen.

Letztlich müssen die Bedingungen zu einer Anpassung mit veränderter Pflanzenproduktion führen. Ich gehe davon aus, dass Landwirte in der Lage sind, die Bedingungen für drei, vier Jahre zu diagnostizieren und den Anbau zu verändern. Das Potenzial haben wir – Änderung der Düngung, der Sorte, der Anbauintensität. Konkret kann das bedeuten: weniger Bodenbearbeitung, zum Beispiel durch den Anbau mehrjähriger Futterpflanzen, oder Mulchen statt Pflügen. Dazu bräuchte es vielleicht andere Maschinen. Diese Anpassung geht also nicht von heute auf morgen.

Marc Schweighöfer

37, ist Bio-Landwirt in Oldendorf bei Bremen. Er führt eine Solidarische Landwirtschaft mit 70 Hektar Nutzfläche, davon 14 Hektar Ackerland. Dazu kommen 50 Hektar Grünland. Er hält 52 Rinder und 250 Gänse.

Vieles, was wir im Ökolandbau gelernt haben, beispielsweise Zwischenfrüchte anzupflanzen, funktioniert nicht mehr, wenn kein Wasser da ist. Im Grünland und bei den Kartoffeln ist die Ernte momentan wirklich eine Katastrophe. Wir ernten ein Drittel von dem, was möglich wäre. Mit dem Getreide geht es bis jetzt. Was ohne Beregnung nicht funktionieren würde, ist das Gemüse, daher haben wir in einen Brunnen und eine Beregnungsanlage investiert. Das ist aber nur eine Übergangslösung, vielleicht für ein oder zwei Generationen.

Für mich ist der Klimawandel sehr bedrohlich. Die Angst, nicht genug Futter für die Rinder zu haben, ist da. Nachkaufen ist schwer möglich: 2018 gab es europaweit kein Futter. Dieses Jahr zeichnet sich im Grünlandbereich eine ähnliche Katas­trophe ab. Würde es auch im Sommer eine normale Niederschlagsmenge geben, hätte ich doppelt so viel Futter wie ich bräuchte – jetzt komme ich gerade so damit hin. Wenn ich die Rinder abschaffe, brauche ich zwar weniger Futter, aber dann fehlen wieder die Nährstoffe für den Gemüseanbau. Neben Schafen sind Rinder dazu die einzigen Tiere, die aus dem sonst ungenutzten Grünland wertvolles Eiweiß für Menschen machen können und dabei auch noch Naturschutz betreiben. Das gebe ich auf keinen Fall auf.

Teil des Problems ist auch, dass die Lebensmittel immer noch zu günstig sind. Davon müssen wir weg. Vielleicht sollten wir uns alle mit um die Landschaft kümmern. Wir müssen verstehen, dass die Welt in unseren Händen liegt und dass wir alle, weltweit, mit anpacken müssen. Denn gegen den Wassermangel gibt es meiner Meinung nach keine Anpassungsstrategie. Wie viel Wasser verbraucht wird, ist Wahnsinn – vor allem in den Städten, aber auch in der Industrie. Der Grundwasserpegel sinkt überall. Wir haben keine Früchte, die damit umgehen können. Die müssen ja auch nicht nur hitze-, sondern auch frostbeständig sein. Im Winter überleben eben nur Gras oder Bäume. Entweder wir kommen irgendwie mit dem Wasser klar und versuchen, wieder Wälder zu schaffen, oder wir haben es vergeigt. Es ist eine riesige Katastrophe, die auf uns zukommt. Und wir machen die Augen alle schön zu.

Schnellschüsse sind nicht Teil der bäuerlichen Mentalität. Wir sind aber permanent dabei, uns anzupassen. Wir stecken ja in betriebswirtschaftlichen Zwängen, Maßnahmen müssen wirtschaftlich und nachhaltig sein. Mit der CO2-Speicherung in den Böden hat die Landwirtschaft auch vor dem Hintergrund des Klimawandels Potenziale, die wir vielleicht an manchen Stellen zu wenig in die Öffentlichkeit bringen.

Übrigens kann nicht nur die Dürre zum Problem werden: Wir haben auch mit Feldmäusen und Tipula, der Larve der Wiesenschnake, zu kämpfen. Jeder Betrieb kann einen Schaden durch die Dürre erfahren, der in Kombination mit anderen Faktoren erhebliche Ertragseinbußen bringen kann.