: Senat stoppt Fellhandel
Die Frage, ob die Landesmedienanstalt sich mit einem Podcast in einen Interessenkonflikt begeben hat, wird nur intern geklärt. Hat der Medienrat damit seine Pflicht zur Öffentlichkeit verletzt?
Von Lotta Drügemöller
Slogans sollten passen, sonst können sie einem auf die Füße fallen. Der Landesmedienrat hat sich selbst das Motto „mehr medien transparenz“ gegeben – und könnte sich schon einmal auf die Suche nach einem neuen Spruch machen.
Bei seiner Sitzung Mitte März bot der Medienrat absurdes Theater. Behandelt werden sollten laut Tagesordnung offene Fragen zu einem Podcast-Projekt der Landesmediendirektorin; nach kritischen Fragen vom Onlinemagazin „Übermedien“ stand der Vorwurf im Raum, dass sich die Bremer Medienaufsicht die Produktion von RTL hatte schenken lassen und somit ein Interessenkonflikt bestehen könnte (taz berichtete). Ob das so ist, das kann die Öffentlichkeit bis heute nicht beurteilen: In der Sitzung vom 12. März wurden die anwesenden Journalist*innen ausgeschlossen. Zu Recht? Das ist strittig. Zumal die Journalist*innen-Gewerkschaft DJU Zweifel anmeldet. Und auch die Begründung des Ausschlusses ist ungewiss: In einem Telefonat mit Anette Rose vom DJU-Landesvorstand wird Senatssprecher Dohle mit der Begründung zitiert, es sei bei der Sitzung ja um die Frage gegangen, „ob man Frau Holsten das Fell über die Ohren zieht“.
Schon bei der Sitzung zeigte sich der Medienrat gespalten, ob man in Bezug auf den Podcast Transparenz beweisen müsse oder ob hier Personalangelegenheiten oder Geschäftsgeheimnisse verhandelt würden. Doch während die geheime Abstimmung lief, wurde klar: Es gibt gar keine Einigkeit darüber, wie viele Stimmen gebraucht würden, um die Öffentlichkeit auszuschließen. Die Mehrheit der Mitglieder, so der Vorsitzende des Medienrats, Robert Hodonyi – dafür spricht Paragraf 7, Absatz 3 der Satzung: „In begründeten Ausnahmefällen kann der Medienrat mit der Mehrheit der Stimmen seiner Mitglieder den Ausschluss der Öffentlichkeit beschließen“, heißt es dort. Der Medienrat hat 30 Mitglieder, 16 der 21 Anwesenden also müssten für den Ausschluss stimmen.
Aber da ist noch Paragraf 7, Absatz 4: „Über die Vertraulichkeit von Beratungsgegenständen beschließt der Medienrat mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder.“
Hodonyi entscheidet in der Sitzung gegen den Rat des Justiziars, der in Personalunion auch Vertreter der Landesmediendirektorin Cornelia Holsten ist, und lässt die Abstimmung nach absoluter Mehrheit laufen, „auf eigene Verantwortung als Vorsitzender“. Ergebnis: Neun Mitglieder wollen die Öffentlichkeit teilhaben lassen, zwölf sind dagegen; das reicht nicht für einen Ausschluss.
Doch geklärt ist nichts. Es folgt Punkt 1 der Tagesordnung: Abstimmung über die Tagesordnung. Eine Mehrheit stimmt dagegen, Beratung des Vorstands, Änderung der Tagesordnung, der strittige Punkt wird nicht-öffentlich verhandelt. Eine gute Stunde ist um, die Journalist*innen müssen gehen. „Ich persönlich bedauere es, dass bei der Sitzung am 12. 3. die Öffentlichkeit und anwesenden Pressevertreter*innen auf Antrag eines Medienratsmitgliedes ausgeschlossen wurden“, teilt Hodonyi auf Nachfrage mit.
Das Schauspiel liegt drei Wochen zurück; auserzählt aber ist die Geschichte nicht. Scheinbar konnte Holsten die Vermutung eines Interessenkonflikts überzeugend von sich weisen. Das zumindest sagt Claas Rohmeyer, Bürgerschaftsabgeordneter und Vertreter der CDU im Medienrat, der sich für eine Nicht-Öffentlichkeit eingesetzt hatte.
Holsten hat die Frage indes nur für einen kleinen Kreis geklärt. Über die Inhalte des vertraulichen Tagesordnungspunktes dürfen die Mitglieder nicht sprechen. Für die Öffentlichkeit bleibt damit vieles unklar: Wer hatte die Idee, den Podcast bei der Produktionsfirma Audio Alliance von RTL in Berlin aufzunehmen? Wer hat mit der RTL-Produktionsfirma den Deal über eine kostenlose Produktion abgesprochen? Bedeutet das alles nicht einen Interessenkonflikt, da die Landesmedienanstalt schließlich auch RTL Nord kontrollieren soll?
Claas Rohmeyer (CDU)
Die DJU stellt diese Fragen weiterhin – und hat in einem offenen Brief die Senatskanzlei als Rechtsaufsicht des Medienrats dazu aufgerufen, die Entscheidung zur Tagesordnung zu überprüfen. „Wir halten diesen Ausschluss für rechtswidrig“, heißt es in dem Schreiben.
Die Senatskanzlei teilt mit, man sei zu der Überzeugung gekommen, das Vorgehen sei korrekt gewesen. „Der Medienrat hat gemäß dem Landesmediengesetz grundsätzlich die Pflicht zur Öffentlichkeit“, so Senatssprecher Christian Dohle. „Er hat aber auch das Recht, unter bestimmten Bedingungen davon abzuweichen. Bei Personalangelegenheiten ist dies sogar zwingend.“ Um eine solche sei es gegangen.
Rohmeyer dagegen, der sich in der Sitzung besonders für eine Nicht-Öffentlichkeit eingesetzt hatte, will eine andere Personalangelegenheit gemeint haben: „Vorab wurden E-Mails, die sich Mitglieder des Rates geschickt haben, Medien zur Verfügung gestellt“, behauptet Rohmeyer. Er habe in dem nicht-öffentlichen Punkt vor allem über diese Vertraulichkeitsverletzung reden wollen.
Holsten selbst verweist zu allen ausstehenden Fragen über ihre Pressesprecherin Franziska Riedel nur auf den Beschluss aus der Sitzung: „Nach kontroversen Diskussionen wurde festgestellt, dass der Medienrat keine rechtlichen Einwände gegen das Podcast-Projekt von Frau Holsten hat“, lautet der. „Dem gibt es nichts hinzuzufügen“, so Riedel.
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