Kaija Kutter über Homeschooling in der Corona-Krise: Digitale Infrastruktur für alle!
Hut ab vor allen Eltern, die in diesen Tagen zu Hause mit ihren Kindern ausharren und den Alltag managen. Das so plötzlich verordnete Homeschooling zerrt gewiss an vielen Nerven. Andererseits liefert die Arbeit für die Schule auch Inhalt und Handlungsmöglichkeit in einer Zeit, in der sogar die Spielplätze gesperrt sind.
Die Politik sollte maximal großzügig sein. Mancher fordert schon, das ganze Schuljahr 2019/2020 zu wiederholen, das wäre aber verfrüht. Besser wäre zu sagen: Wir versuchen jetzt mal, was bis zum Sommer geht, und dann gibt es eine freiwillige Wiederholung für alle, die wollen. Sprich: Jede gute Note zählt, jede schlechte nicht! Vielleicht führt die ganze Sache auch dazu, das Turbo-Abi fallen zu lassen und den Kindern lernen im eigenen Takt zu erlauben.
Bildung wird gerade auch Mittel zum Zweck der Beruhigung und Bewahrung von Normalität. Für Lehrer bedeutet dies, sie müssen die Balance finden zwischen zu viel und zu wenig Input. Auf jeden Fall sollten sie nicht zu viel Druck in die Familien geben. Es kann nicht sein, dass Eltern Verwaltungshilfskräfte für die Schulen werden.
In Hamburg wurde viel Digitalisierung angekündigt. Da ist es für manche enttäuschend, wie altmodisch kommuniziert wird. Eine Lernplattform, in die sich die Kinder eigenständig einloggen können, fehlt offenbar. Andererseits war digitale Kommunikation noch nie so wichtig wie jetzt und wird deshalb einen großen Schub machen. Was Sinn ergibt, setzt sich in Zukunft auch durch.
Was gar nicht geht, sind derart ungleiche Bedingungen. Jeder Schüler braucht jetzt einen Home-Laptop mit Druckmöglichkeit und Datenvolumen zum Skypen mit Klassenkameraden und Lehrern. So wie es einen Rettungsschirm für die Wirtschaft gibt, brauchen wir diese Ad-hoc-Maßnahme für die Kinder.
Schulbehörde und Sozialbehörde sollten unbürokratisch ein Notpaket schnüren, damit die Jobcenter Anträge bewilligen und auch Geringverdiener eine Finanzierung erhalten. Dies nicht zu tun, wäre gerade so, als würde Hamburg arme Schüler aus den Schulen verweisen.
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