Beziehungsende im Digital-Zeitalter: Schluss machen für Profis
Das Ende einer Beziehung bringt auch viel Aufräumarbeit mit sich. Erinnerungen wollen außer Sicht genommen werden, auch die digitalen.
I hr kennt das. Eine Beziehung, eine Affäre, eine undefiniert intime Zeit ist vorbei, im digitalen Raum lebt sie aber weiter: Man schaut bei den Onlineauftritten der Person vorbei, mal öfter, mal seltener, nur um zu checken, ob es ihr oder ihm gut geht, reine Fürsorge also, klar. Lindsay Crouse, einer Redakteurin der New York Times, ging es nicht anders. Ihr Ex und sie hatten sich nach einer siebenjährigen Beziehung getrennt und einander auf Facebook blockiert; ab und zu googelte sie ihn. Vor Kurzem tauchte jedoch er von allein wieder auf ihren News Feeds auf: auf Fotos von US-Pop-Superstar Lady Gaga, seiner neuen Freundin.
Fast jeder und jede hat Lady Gagas im Leben. Wir vergleichen uns mit ihnen, während wir uns versichern, wie egal sie uns sind. Sie erscheinen entweder unglaublich toll oder furchtbar, auf Grautöne lassen wir uns selten ein. Und sie erinnern uns daran, wie Beziehungen im digitalen Raum präsent bleiben und wir einst selbst Lady Gaga waren.
Endete im vordigitalen Zeitalter eine Beziehung, verbrannte man die Liebesbriefe, teilte Haushaltsgegenstände und stritt um Kind und Hund. Macht man heute Schluss, kommt die digitale Trennung dazu, die separat vollzogen werden muss. Den anderen aus den sozialen Netzwerken zu verbannen ist eine Sache, die ohnehin schon mühsam genug ist. Dazu kommen digitale Besitztümer wie Fotos, SMS und E-Mails. Was tun mit dem Zeug?
Mehrheit löscht nicht
Ein 2017 erschienenes Konferenzpapier eines schottischen Forscherteams liefert Tipps fürs digitale Danach. In der Studie kamen 13 Menschen zwischen 18 und 52 Jahren zu Wort. Sie alle hatten ihre Beziehungen, die 10 Monaten bis 29 Jahre dauerten, seit mindestens 4 Monaten beendet. Bei 11 der Interviewten verlief die Trennung einvernehmlich oder ging von ihnen selbst aus; bis auf eine waren alle Beziehungen heterosexuell.
Die Interviews kreisten um eine große Frage: aufheben oder löschen? Manche der Befragten wollten die Erinnerungen nicht entsorgen. Das bleibt schließlich immer Teil der eigenen Geschichte. Alles raus, sagen die anderen, denn wer will schon bei harmlosen Suchen zufällig auf alte Liebesschwüre stoßen? Das kann schmerzhaft sein. Nur: Wer schon einmal versucht hat, alle Spuren einer Person von sämtlichen digitalen Geräten zu löschen, weiß, was fürs Aufheben spricht: Man braucht einen zweiwöchigen Urlaub, um die allerletzte Nachricht im hintersten Winkel des Computers zu erschnüffeln.
Was das Ausmisten zusätzlich erschwert, ist, dass viele Dateien keine eindeutigen Namen haben. „IMG4321.jpg“ könnte ein Pärchenfoto im Sonnenuntergang ebenso sein wie ein Bild von der Gastherme, das an die Haushaltsversicherung ging. Die Forscherinnen und Forscher empfehlen deshalb, vorausschauend zu handeln – und den Partner oder die Partnerin gleich überall zu markieren. So lassen sich die Inhalte dann relativ unaufwendig löschen. Dann ist wieder Platz für eine neue Lady Gaga.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin