Mindestlohn und Gender-Pay-Gap: Doppelte Wirkung
Frauen profitieren doppelt vom Mindestlohn. Einmal über den Lohn selbst – und aus ihm resultierend auch über die bessere Qualität in der Carearbeit.
D ie schlechte Nachricht: Der Stundenlohn von Frauen in Deutschland liegt im Schnitt immer noch deutlich unter dem von Männern – laut einer neuen Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung um 20,9 Prozent. Die kleine gute Nachricht: In den letzten Jahren ist die Lohnlücke zumindest ein bisschen kleiner geworden. Als einen der Hauptgründe dafür sehen die Autor*innen der DGB-eigenen Stiftung den Mindestlohn: Da Frauen häufiger als Männer im Niedriglohnsektor beschäftigt seien, hätten sie vom Mindestlohn auch stärker profitiert.
Die Begründung klingt schlüssig, schließlich sind Berufsgruppen mit hohem Frauenanteil tatsächlich oft schlecht bezahlt – seien es Pflegekräfte, Reinigungskräfte oder Erzieher*innen. Allgemeine Maßnahmen wie der Mindestlohn oder spezifische wie das 2019 verabschiedete neue Pflegegesetz, das die Löhne heben soll, weisen da zumindest grundsätzlich in die richtige Richtung.
Nicht nur, weil sie den betroffenen Berufsgruppen direkt mehr Geld bringen – sondern auch, weil sie indirekt die Erwerbsmöglichkeiten von Frauen verbessern: Die Auswertung der Böckler-Stiftung zeigt auch, dass Frauen weiterhin den Großteil der unbezahlten Sorgearbeit übernehmen. Sie schmeißen den Haushalt, erziehen die Kinder oder pflegen die (Schwieger-)Eltern.
Bessere Löhne und somit bessere Qualität in der Pflege könnte dazu führen, dass mehr Frauen ihre Angehörigen mit gutem Gewissen in professionelle Einrichtungen geben. Mehr Geld für Erzieher*innen könnte dazu führen, dass Familien für ihre Kinder leichter Kitaplätze finden. Mehr Geld für Reinigungskräfte könnte auch diesen Job aufwerten und entstigmatisieren, sodass sich mehr Menschen trauen, Teile ihrer Hausarbeit in bezahlte Hände zu geben – zumindest, wenn sie es sich leisten können.
Vor allem Frauen könnten sich so zunehmend unbezahlter Arbeit entledigen und damit zwei Möglichkeiten gewinnen: die zu mehr Erholung durch mehr Freizeit. Oder die zu höherem Einkommen durch Wechsel von Teilzeit in Vollzeit.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Mitarbeiter des Monats
Wenn’s gut werden muss
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören