: Die Börse ist verschnupft
Verunsicherung durch Coronavirus: Die Aktienkurse fallen wie zuletzt bei der Finanzkrise 2008
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Von Ulrike Herrmann
Das Coronavirus steckt die Börsen an: Der deutsche Aktienindex DAX ist allein am Freitag um 3,3 Prozent abgesackt und lag zwischendurch nur noch bei 11.724 Punkten. Der Wochenverlust seit Montag summierte sich auf rund 13 Prozent.
Auch an anderen Aktienmärkten breitete sich die Angst vor einer Covid-19-Epidemie aus: In Paris brach die Börse am Freitagvormittag um 4,6 Prozent ein, in London um 4,5 Prozent. Erhebliche Verluste verzeichneten auch die Börsen in Mailand und Madrid. Die Börsen in Shanghai und in Tokio schlossen am Freitag jeweils mit einem Minus von 3 Prozent.
Dieser Kurssturz weckt böse Erinnerungen: Derartige Verluste wurden zuletzt während der Finanzkrise 2008 beobachtet. Droht ein neuer Crash? Die Ölhändler scheinen mit einer Rezession zu rechnen: Der Preis für das Barrel Öl (159 Liter) sank in dieser Woche um 11 Prozent und erreichte damit den tiefsten Stand seit mehr als einem Jahr.
Die Börsianer befürchten, dass das Coronavirus die globalen Lieferketten unterbrechen könnte und viele Firmen zwangsweise pausieren müssen. Die Tourismusbranche leidet schon jetzt: Weltweit werden Reisen storniert und Flugpläne zusammengestrichen. Allein die Aktie der Lufthansa verlor in dieser Woche rund 23 Prozent an Wert.
Allerdings gab es vereinzelt auch Gewinner: Die Aktien von Drägerwerk konnten am Freitag ein Plus von 16 Prozent verbuchen. Die Medizinfirma stellt Atemschutzmasken her.
Trotz der Kursverluste gibt es bisher keinen Grund, in Panik zu geraten: Der DAX ist jetzt wieder auf dem Stand von September 2019. Zudem war am Freitag zu beobachten, dass Spekulanten die niedrigen Kurse nutzten, um sich billig mit Aktien einzudecken. Allein zwischen 10 und 12 Uhr stieg der DAX um fast 300 Punkte. Die Spekulanten drängen schon deswegen an die Börsen, weil sie nicht wissen, wo sie ihr Geld sonst profitabel anlegen könnten.
Obwohl sich die Börsen zu beruhigen scheinen, könnte das Coronavirus für die Unternehmen noch tückisch werden – weil die Weltwirtschaft längst schwächelt. US-Präsident Donald Trump hat immer neue Handelskriege angezettelt, und auch die Eurokrise schwelt weiter. Die deutsche Industrie befindet sich bereits seit Herbst 2018 in einer Rezession.
Der deutsche Arbeitsmarkt ist zwar weiterhin stabil. Am Freitag gab die Bundesagentur für Arbeit bekannt, dass im Januar 45,08 Millionen Menschen einen Job hatten – 241.000 mehr als im Vorjahr. Doch die Industrie baut schon Stellen ab und beantragt zunehmend Kurzarbeitergeld.
Diese latente Krise würde virulent, wenn eine Covid-19-Pandemie Konsum und Produktion in vielen Ländern lahmlegen würde. Im Fall einer schweren Wirtschaftskrise würden auch die Börsenkurse dramatisch einbrechen: US-Nobelpreisträger Robert Shiller schätzt, dass die Aktien derzeit um etwa 40 Prozent überbewertet sind.
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