wie machen sie das?
: Der HipHop-Tänzer

Hakim Mohamud, 26, fährt mit dem Berliner „HipHop Mobil“ in Flüchtlingsunterkünfte und Willkommensklassen.

taz am wochenende: Herr Mohamud, Sie arbeiten mit Kindern, die erst sehr kurz in Deutschland sind und die sehr unterschiedliche Hintergründe und Fluchterfahrungen haben. Wie machen Sie das?

Hakim Mohamud: Meistens spielen bei den jüngeren Kindern die verschiedenen Hintergründe noch keine Rolle. Je älter die Jugendlichen sind, desto eher wird das wichtig. Prinzipiell fahren wir mit einem Team von Künstlern zu Schulen, um dort Workshops und Projektwochen zu gestalten. Beim „HipHop Mobil“ sind das ein Rapper, ein Graffiti Artist, ein DJ oder Beatboxer und ein Tänzer.

Sicher gibt es immer mal Kinder, die nicht mittanzen wollen. Was machen Sie da?

Es gibt Kinder, die aus religiösen Gründen nicht mitmachen. Dann sagen sie dazu nicht viel oder möchten einfach nicht, das lassen wir so stehen. Aber oftmals ist es mit Scham behaftet. Was ich dann versuche: Ein bisschen albern sein, rumclownen, das Eis brechen, um die Hemmungen abzubauen. Egal, ob ich Mädels mit Kopftuch, oder einen dreizehnjährigen Jungen vor mir habe, der vielleicht bisher ein Männerbild hatte, dass Männer nicht zu tanzen haben: Am Ende bewegen sich alle.

Warum ist HipHop ein guter Willkommenstanz?

HipHop ist eine freie Jugendkultur, ohne feste Regeln. Jeder kann dazu kommen. Dadurch werden Grenzen überwunden. Auch wenn ich begrenzte finanzielle Mittel habe, kann ich Teil dieser Kultur sein.

HipHop hat seinen Ursprung in den vernachlässigten Vierteln von New York. Sehen Sie Parallelen in der Jungendarbeit heute?

Schon. Früher, Ende der 80er-Jahre hatte Rap, also „Rhythm and Poetry“ einen Zweck: Erzähl von deinem Leben. Die Missstände, die damals da waren, kann man schon mit heute vergleichen. Also in meinem Fall: Ich komme aus einem sozial schwachen Umfeld, bin mit sechs Geschwistern in Berlin aufgewachsen. Da hieß es jetzt nicht: Beschäftige dich mal mit was Gutem, such dir eine Freizeitbeschäftigung. Das war nicht einfach zu bewerkstelligen, vor allem nicht als 13-Jähriger. Da war Musik ein guter Anfang. Und was macht man mit Musik? Tanzen war am kostengünstigsten.

Und für die Geflüchteten ist die Situation ähnlich?

Ja. Ich habe die Missstände in den Flüchtlingsheimen hautnah erlebt und denke immer: Wenn du ein Kind nicht beschäftigst, dann kann das nach hinten losgehen. Jugendliche finden durch Hiphop vielleicht keinen Ausweg, aber zumindest eine Ablenkung. Es hilft zu zeigen: Hey, ich kann mich künstlerisch ausdrücken, und zwar ohne dass meine Umstände bestimmen, wer ich bin.

Interview: Judith Rieping