Ausstellung zu Schwarzen in Deutschland: Das Stigma ist geblieben

Der Hamburger Black History Month präsentiert sich erstmals in einer staatlichen Institution – im Altonaer Museum.

Schwarzer lugt durch weißes Papier

Schwarze Community lugt hervor: Billy Mo in der Serie „Homestory Deutschland“ Foto: Billy Mo/Initiative Schwarze Menschen in Deutschland

HAMBURG taz | Diese Ausstellung rückt einem empfindlich nahe. Denn es macht eben einen Unterschied, ob man wissenschaftliche Traktate über Kolonialismus liest oder in die Gesichter der Versklavten schaut. Dann wird, was man längst zu wissen glaubte, so brutal gegenwärtig wie Doris Lessings „Afrikanische Tragödie“ aus der britischen Ex-Kolonie Rhodesien, dem heutigen Zimbabwe. Dann begreift man angesichts seines eigenen Schocks, warum Kolonialismus für weite Teile der Gesellschaft immer noch irrelevant ist. Und warum der Black History Month – mit dem Altonaer Museum in Hamburg erstmals in einer staatlichen Institution präsent– son wichtig ist, um Lebenslinien Schwarzer nachzuzeichnen.

Mit einem Dreiklang – der Ausstellung „Homestory Deutschland“, der Fotoreihe „Schwarzes Hamburg“ und dem Video „Millis Erwachen“ über schwarze Künstlerinnen in Deutschland – schafft der 1926 in den USA begründete Black History Month diesmal einen besonders starken Hamburger Auftritt.

Seit den 1980er-Jahren in Berlin und ab 1996 auch in Hamburg von der Schwarzen Community in Stadtteilkulturzentren organisiert, präsentiert er sich diesmal prominent (und kostenlos) in der Säulenhalle des Altonaer Museums.

Das bedeutet eine starke Aufwertung, und die ist politisch gewollt. Denn genau für diesen Dialog mit den Communitys wurde Ayhan Salar 2018 als Kurator des Bundes-Fonds „360 Grad“ eingestellt. Seine erste Schau galt muslimischem Leben in Altona, und nun hat er die Schwarze Community eingeladen.

Die Ausstellung Re:Präsentation zum Black History Month ist bis 24.2.2020 im Altonaer Museum zu sehen

Der Ort ist gut gewählt: Altona war ein Hauptauslaufhafen für Sklavenschiffe, die Altonaer und Blankeneser Kaufleute in die Kolonien schickten. Konsequent also, dass Museumschefin Anja Dauschek – nach einer Masken-Intervention des ghanaischen Künstlers Joe Sam-Essando zwischen Modellen einstiger Kolonialisten-Schiffe 2017 – nun den nächsten Schritt geht. Und so wandelt man fasziniert und betroffen zwischen den Biographien dreier Jahrhunderte umher.

Da trifft man etwa den 1703 geborenen Anton Wilhelm Amo, den die holländisch-westindische Kompanie 1707 dem Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel „schenkte“. Der aber förderte Amo, sodass er als erster Afrikaner an einer europäischen Universität promovierte.

Der 1920 als „Besatzungskind“ geborene Hans Hauck traf es weniger gut: Obwohl 1934 mit Unterstützung eines SS-Offiziers als Lehrling an die Deutsche Reichsbahn vermittelt, wurde er 1937 auf Betreiben des NS-Regimes zwangssterilisiert. Es war, so die Sprachregelung, „Teil der unauffälligen Unfruchtbarmachung im Rheinland geborener schwarzer deutscher Jugendlicher“.

Und das Stigma bleibt: Sobald er den Schutzraum des Prominentseins verlasse, sagt der 1975 geborene Fußballer Otto Addo, „wird man ständig in schlechtem Deutsch angesprochen und bekommt seltsame Fragen gestellt“.

Selbst dem vermeintlich toleranten Kulturbetrieb mangele es an Reflexion, sagt Schauspielerin Nisana Cherat. „Mätresse, Wahnsinnige, Hure. Schwarze Schauspielerinnen am deutschen Theater“, heißt ein Aufsatz von ihr. Die Rollenangebote für Schwarze seien begrenzt, sagt sie. „Aber daran ist man in Theaterkreisen häufig nicht interessiert, weil es um Symbolik oder ein bestimmtes Rollenklischee geht.“

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