Grüne im Hamburger Wahlkampf: Angst vor der eigenen Courage
Mit Blick auf das Amt der Bürgermeisterin ist die grüne Spitzenkandidatin Katharina Fegebank drauf und dran, die eigene Klientel zu verprellen.
Im grünen Wahlprogramm wird diese Forderung als Konsequenz aus den Ereignissen beim G20-Gipfel in Hamburg erhoben. Damals hatte die Polizei die zunächst friedliche Demonstration „Welcome to Hell“ aufgelöst, weil sich Teilnehmer weigerten, ihr Gesicht zu zeigen. Demonstranten wehrten sich gegen das Vordringen der Polizei. Es kam zu einer Straßenschlacht mit vielen Verletzten, die die Atmosphäre der folgenden Gipfeltage vergiftete. Die Polizeiführung rechtfertigte ihr Vorgehen damit, dass sie die Vermummung als Straftat habe unterbinden müssen.
Vermummung nicht als Straftatbestand zu werten, ist eine gängige Forderung der Grünen. Die schleswig-holsteinische Landesregierung hat sie unter grüner Regierungsbeteiligung in der vorigen Legislaturperiode umgesetzt. Schwarz-Rot in Niedersachsen hat sie kassiert, sobald die Grünen aus der Regierung geflogen waren.
Fegebank war beim ersten Rededuell mit Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) ins Schwitzen gekommen. Der hatte es als „sehr merkwürdig“ bezeichnet, wenn man sage: „Die Polizeibeamten sollen gekennzeichnet werden und Demonstranten dürfen sich vermummen.“
Fegebank räumte ein, dass die Forderung „auf den ersten Blick oder beim ersten Hören verstörend“ wirke, diese aber mit dem größeren Spielraum der Polizei für ein deeskalierendes Handeln verteidigt. Daraufhin postete Tschentschers Büroleiter Daniel Stricker den Hashtag #grünistgewaltbereit, der allerdings rasch gelöscht wurde.
Erstaunlich ist, dass Fegebank nicht einfiel, dass eine Vermummung ja auch als Ordnungswidrigkeit nicht erlaubt ist, aber ein Einschreiten nicht erzwingt. Stattdessen opferte sie in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung das grüne Wahlprogramm: Sie streite für Zukunftsthemen wie „eine echte Verkehrswende, eine mutigere Wirtschaftspolitik und mehr Bürgerrechte“, sagte Fegebank. „Die Frage, ob das Vermummungsverbot künftig nur noch als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden soll, gehört nicht zu diesen Themen.“
Nach einer repräsentativen Wahlumfrage im Auftrag des NDR finden 39 Prozent der Hamburger, Verkehr und Mobilität sei das wichtigste Problem. Es folgt der Wohnungsmarkt mit 33 Prozent. Sicherheit landet weit abgeschlagen bei sechs Prozent. Daraus hätten Fegebank und Steffen folgern können, dass sie bei diesem unwichtigen Thema schadlos die eigene Klientel zufriedenstellen können.
Allerdings hat Rot-Grün vor 20 Jahren schon mal Wahlen wegen des Themas Innere Sicherheit verloren. Jedenfalls beschwichtigte auch Justizsenator Steffen. „Aus den Reihen der Hamburger Polizei hören wir nun aber, dass sie auch so schon jeden Bewegungsspielraum hat, den sie braucht, um deeskalierend aufzutreten“, sagte er der Welt am Sonntag. „Wir wollen über diese Frage mit der Polizei in einen Dialog treten. Wenn sich das so bestätigt, brauchen wir die Gesetzesänderung nicht.“
Auf die Frage, ob sie sich nach wie vor zum Eingreifen gezwungen sehe, wenn sich Demonstrationsteilnehmer vermummten, weil das eine zu unterbindende Straftat sei, antwortete die Polizei, an ihrer Argumentation habe sich nichts geändert. „Die Vermummung innerhalb einer Versammlung ist aus gutem Grund eine Straftat“, teilte die Polizeipressestelle mit.
Die Gewerkschaft der Polizei versicherte, „dass man in Hamburg mit offenem Gesicht für seine Meinung eintreten kann“ und legte eine Anregung drauf: Auch der von den Grünen geforderte unabhängige Polizeibeauftragte sei unnötig.
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