Krieg in Libyen: Haftar verwehrt Waffenruhe

Der General verlässt Moskau – ohne ein von Russland und Türkei eingefädeltes Abkommen zu unterschreiben. Eine Konferenz in Berlin soll es nun richten.

ein Mann in einer Menschenmenge trägt ein Plakat mit dem Foto des Generals Haftar

Anhänger von General Haftar demonstrieren in Bengasi Foto: Abdullah Doma/afp

TUNIS taz | Die nach Moskau geladenen Delegationen der verfeindeten Kriegsparteien Libyens haben sich nicht auf die Unterzeichnung eines Waffenstillstands einigen können.

Nachdem Premierminister Fajis Serradsch die von russischen und türkischen Diplomaten ausgearbeitete Vereinbarung am Montag unterzeichnet hatte, bat Chalifa Haftar, Kommandeur der aufständischen Libyschen Nationalarmee (LNA) im Osten des Landes, zunächst um Bedenkzeit. Wie der Haftar-nahe TV-Sender Alhadath am Dienstag bestätigte, reiste die ostlibysche Delegation noch in der Nacht nach Bengasi zurück.

Obwohl der russische Außenminister Sergei Lawrow Haftars Unterschrift für die nächsten Tage noch für möglich hält, sind die Hoffnungen auf einen dauerhaften Waffenstillstand rund um die libysche Hauptstadt Tripolis erst einmal wieder verflogen.

Abkommen voller strittiger Punkte

Aus Kreisen der Haftar-Delegation waren in Moskau mehrere Änderungen des zweiseitigen Waffenstillstandsabkommens gefordert worden, das im Kern eine zeitlich unbegrenzte Einstellung der Kämpfe festlegte. Unter anderem ging es Haftar um die Streichung einer abtrünnigen Gruppe von Parlamentariern – das libysche Parlament wurde 2014 gewählt, floh aber nach kurzer Zeit aus Protest gegen die Dominanz von Milizen in der Hauptstadt Tripolis mehrheitlich ins ostlibysche Tobruk und unterstützt seitdem Haftar.

Die in Tripolis verbliebenen Abgeordneten werden nun im Moskauer Dokument als „Tripolis-Gruppe“ genannt und als eine von vier libyschen Delegationen anerkannt.

Außerdem fordert das Moskauer Abkommen die Einrichtung einer Demarkationslinie zwischen den Kriegsparteien am Rande von Tripolis. Doch Haftar fordert den Abzug der Milizen, die die Hauptstadt verteidigen und Serradsch an der Macht halten. Serradsch wiederum verlangt den Abzug seiner Gegner auf ihre Positionen vor April – also zurück nach Bengasi. Er unterschrieb trotzdem das Moskauer Abkommen.

Chalifa Haftar und sein loyaler Parlamentssprecher Aguila Salech ließen nun verlautbaren, den Kampf wenn nötig weiterzuführen. Salech fordert Ägypten auf, in Libyen zu intervenieren, sollte die Türkei weitere Truppen in Tripolis und Misrata stationieren. Nach Angaben von libyschen Journalisten trafen in den letzten Tagen weitere syrische Freiwillige in diesen Serradsch-treuen Städten ein.

Stabilität ist nicht in Sicht

Haftars Delegation hatte in Moskau Änderungen des Abkommens gefordert

Zwar hält die seit Sonntag geltende Waffenruhe in der libyschen Hauptstadt, und seit Montag haben viele Schulen wieder geöffnet, doch an ein Ende der Kämpfe glauben nur wenige. Nach UN-Angaben starben bei den neunmonatigen Kämpfen um die Hauptstadt bislang 280 Zivilisten und 2.000 Kämpfer. 146.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Die Sorge, dass der Krieg nun erst recht wieder aufflammen könnte, ist groß. Der italienische Premierminister Guiseppe Conte betonte schon am Montag auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdoğan in Ankara: „Sollten wir damit scheitern, die Feuerpause mit einem nachhaltigen Vertrag aufrechtzuerhalten, brauchen wir an Stabilität in der Region gar nicht erst zu denken.“ Erdoğan warnte, die Türkei werde Haftar im Falle neuer Angriffe „eine militärische Lektion erteilen“.

Die internationalen Unterstützer der libyschen Kriegsparteien sind dennoch wie geplant am Sonntag nach Berlin geladen. Die Bundesregierung bestätigte am Dienstag, das Treffen werde in Absprache mit der UNO auf Ebene der Staats- und Regierungschefs stattfinden. Auch Sarradsch und Haftar würden eingeladen werden, zudem UNO, EU, AU und Arabische Liga.

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