Streiks um Rente in Frankreich: Philippes Augenwischerei

Auf Druck der Bevölkerung hat die französische Regierung einen Teil der Rentenreform ausgesetzt – vorerst. Für die Demonstranten ist das kein Sieg.

Regierungschef Edouard Philippe reibt sich im Verlauf einer Debatte des französischen Parlaments die Augen

Erste Ermüdungserscheinungen – Philippe ist die Streiks und Demonstrationen schon lange leid Foto: reuters

Der französische Regierungschef Edouard Philippe hat dem Druck der Streiks nachgegeben und die von ihm als unumgänglich bezeichnete Erhöhung des Rentenalters von 62 auf 64 „provisorisch“ ausgesetzt. Endlich! Es ist eine erste Geste und zeigt, dass der Regierungschef zumindest gehört hat, was in unzähligen Treffen im Voraus als unzumutbar und ungerecht vor allem für bestimmte Berufskategorien erklärt worden war. Doch diese Konzession ist eben nur „provisorisch“.

Und vielleicht sogar nur eine Pseudolösung. Denn die Staatsführung behält sich explizit das Recht vor, schon im April auf diese von ihr gewünschte Erhöhung zurückzukommen, wenn sich die Sozialpartner, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften nicht schleunigst auf neue Finanzierungsmittel einigen – was höchst unwahrscheinlich erscheint.

Allein schon die Tatsache, dass Philippe den Sozialpartnern nur drei Monate Zeit gewährt, um Lösungen zu finden, die ihm das finanzielle Gleichgewicht garantieren können, belegt, dass er nur Zeit gewinnen und die Gewerkschaften spalten will. Trotzdem knickt der Premierminister politisch ein, weil er auch von Präsident Emmanuel Macron zu einem „Kompromiss“ gedrängt wurde. Für die Streikenden ist damit klar, dass sie etwas erreichen können, auch wenn es ihnen längst nicht ausreichen dürfte.

Dass die gemäßigten Gewerkschaftsverbände CFDT und Unsa dieses „vorläufige“ Entgegenkommen als Sieg feiern, ist hingegen verfrüht. Die Regierung verschiebt ja nur die Erhöhung des Ruhestandsalters, ab dem eine volle Rente nach mindestens 43 Beitragsjahren bezogen werden kann. Die Einführung des ungerechten Punktesystems zur Berechnung der Rentenhöhe aber bleibt.

Natürlich wird man sich heute in Frankreich auch fragen, warum es für diese kleine Konzession einen solchen langen und zermürbenden Kampf brauchte. Die Regierung hätte sich von Beginn an mit den Gewerkschaften auf einen Kompromiss einigen sollen.

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Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.

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