piwik no script img

Klimaaktion vor dem ScheiternDoch kein Hipsterevent fürs Klima

Obwohl Fridays for Future und Promis geworben hatten: Das Crowdfunding fürs Klimaevent im Berliner Olympia-Stadion wird wohl scheitern.

Hier sollte der Mega-Klima-Event hin: Berliner Olympiastadion Foto: dpa

Hamburg taz | Das wird eng: Den Organisator*innen der geplanten Bürger*innenversammlung im Berliner Olympia-Stadion fehlten am Freitagmorgen noch über 840.000 Euro, um ihr Crowdfunding-Ziel von 1,8 Millionen zu erreichen. Heiligabend läuft die Frist ab – wenn der volle Betrag bis dahin nicht zusammengekommen ist, geht das dann gesammelte Geld zurück an die Spender*innen.

Das Berliner Startup Einhorn, bekannt für vegane Kondome, hatte das Crowdfunding ins Leben gerufen, Fridays for Future Berlin unterstützte das Projekt. Der Plan: 90.000 Menschen ins Olympiastadion einzuladen, um dort live mit dem Smartphone über Petitionen abzustimmen.

Durch die Masse an Menschen sollte es möglich sein, auf einen Schlag das Quorum von 50.000 Unterschriften zu erreichen. Ab dieser Anzahl muss sich der Petitionsausschuss des Bundestags in einer öffentlichen Anhörung mit einer Petition befassen.

Nach Bekanntgabe des Vorhabens Ende November hagelte es jedoch Kritik. Auf ein Video, mit dem die Einhorn-Unternehmer*innen zusammen mit Bestseller-Autorin Charlotte Roche, FFF-Sprecherin Luisa Neubauer und dem Sänger Andreas Bourani die Veranstaltung bewerben, reagierten User*innen der sozialen Netzwerke mit Spott.

„Neoliberaler Quatsch“

„Eine Hipsterveranstaltung für eine weiße Mittelstandsblase“, nannten Twitter-User*innen das Event und bezeichneten es als „neoliberalen Quatsch“. In dem Video versprechen die Initiator*innen „Lösungen für die größte Krise des Planeten für 29.95 Euro“ – der Eintrittspreis für das Event.

Nun sieht es so aus, als wird das Unterfangen ohnehin scheitern. „Das hat sicher auch mit der Kritik zu tun“, räumt Einhorn-Gründer Philip Siefer ein. Er ist trotzdem optimistisch: Immerhin haben fast 11.000 Menschen insgesamt knapp eine Million Euro für das Projekt gespendet.

Wenn die Veranstalter*innen die Miete für das Olympiastadion nicht zusammenbekommen, wollen sie trotzdem an dem Konzept festhalten: „Dann suchen wir uns einen anderen Ort“, sagt Siefer. Auch Luisa Neubauer sieht das gescheiterte Crowdfunding nicht als Misserfolg. „Ich habe selten erlebt, dass Projekte so viel Aufmerksamkeit bekommen“, sagt sie.

Es sei schließlich auch die Idee gewesen, eine Debatte auszulösen. Von einem Rückschlag für FFF könne man schon gar nicht sprechen, schließlich habe Fridays for Future Berlin das Projekt nicht initiiert, sondern nehme lediglich eine beratende und unterstützende Funktion ein.

Nachdem die Frankfurter Fridays-Ortsgruppe das Event im November scharf kritisiert hatte, hat auch die Berliner Ortsgruppe mittlerweile ein negatives Statement veröffentlicht. „Wir kritisieren die Bezeichnung ‚Bürgerinnenversammlung‘ scharf, da das Olympia-Projekt einem Event näherkommt als einer repräsentativen demokratischen Versammlung“, schreiben sie in einem Statement.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • So eine Abstimmung mittels Smartphone halte ich für eine gute Idee. Volksbegehren oder Volksentscheide wären damit endlich ziemlich einfach möglich. Also tatsächlich eine Demokratie. Mit viel Aufklärung und Information natürlich. Leider krankt unser derzeitiges System erheblich an der Tatsache, daß Lobbyismus und Populismus die Politik bestimmen. Oder etwa die berühmten Wahlprognosen, die vor den Wahlen genau diese beeinflussen. Weil Menschen gerne bei den Siegern sein wollen.

    • @Dieter Fend:

      Abstimmungen per Smartphone halte ich für eine komplett hirnrissige Idee.

      Ich kann mich noch erinnern, es ist noch gar nicht so lange her, da waren Leute zu Recht auf den Barrikaden und protestierten gegen Wahlmaschinen. Hauptargumente war die fehlende Sicherheit, die Barrieren technischer Geräte, Gefahr von Bedienfehlern, sowie verfassungsrechtliche Bedenken.

      Und jetzt freut man sich schon auf Volksabstimmungen mit dem Smartphone, welches Hürden für Alte, Behinderte, Mittellose darstellt und alles andere als manipulationssicher und gewiss auch keine geheime Wahl ist, da mit jedem Aufruf der App persönliche Daten gespeichert werden. Handies können gehackt werden, Apps können manipuliert werden, Netzausfälle können Teilhabe unmöglich machen, Teilnahme kann überwacht werden, Server, die für die Stimmensammlung und App-Verteilung zwingend notwendig sind, sind intransparent und können ihrerseits wieder Sicherheitslücken aufweisen, Programmfehler sind nicht auszuschließen und nicht transparent. Usw usf...

      Keine technische Wahlmethode, so modern sie auch klingen mag, kommt an Einfachheit, Verfügbarkeit, Verfahrens-Transparenz und Sicherheit von Paper und Stift heran.

  • G
    Gast

    Hallo,

    Dieser Artikel ist einfach unterirdisch (unsachlich und tendenziös). Leider hat sich wohl niemand bei der taz ernsthaft mit dem Vorhaben auseinandergesetzt. Ich habe meine Probleme mit dem Artikel hier mal ausführlicher dargestellt. Viele Grüße und vielen Dank für die taz im Allgemeinen. hot-climate-topics...1/taz-luegt-nicht/

  • Wie wäre die Gesamt-Umweltbilanz für die Veranstaltung gewesen? Und kostet wählen ab jetzt auch 29,95€?

    • @boidsen:

      Die Revolution kommt nicht umsonst, die Einhornkondome kosten ja auch knapp 1,- Euro das Stück.

      einhorn.my/shop/ko...enstaende-kondome/

      Dafür mit solchen Perlen der deutschen Sprache als Begleittext.

      "Lasst die Innovationen beginnen! Diese zukunftsgerichtete Verhütungsmethode fühlt sich an wie aus dem Jahr 2060! Warum?

      einhorn Kondome kombinieren Naturkautschuk mit der Sexyness von Miami Vice. Ein Beispiel gefällig: Unsere ABSOLUT NEUE Verpackung: Rechteckig, bunt und mit was drin! Ein funktionaler Superschutz, der den Untergang der Titanic hätte vermeiden können. Falls er schon existiert hätte, hat er aber nicht. Aber jetzt schon!

      Also zögern Sie nicht!

      Sehen Sie sich den innovativen Aufbau dieser Verpackung an! Komplett aus Papier, diese Tüte kann in den Papiermüll: READY FOR RECYCLING?!?!?! JAWOLLLLLL!!!!!! Und dann sind da auch noch Sachen drauf: Muffin, Erbsen, ein Taco und jaaaaa! Ohne zusätzliche Kosten! Ist es zu glauben! Eine Aprikose!!"

      • 8G
        88181 (Profil gelöscht)
        @Sven Günther:

        [...]

        Kommentar gelöscht. Bitte bleiben Sie sachlich. Die Moderation

    • @boidsen:

      Ich habe da gar nichts von einer Wahl gelesen!?! Sie?