Kinderschutzhäuser sind überfüllt

SOZIALES Immer mehr Kinder werden aus ihren Familien genommen. Strengere Auflagen für Pflegefamilien führen zu Engpass bei Übergangs-Unterkünften. Stadt verspricht mehr Plätze

Hamburgs Kinderschutzhäuser müssen Notbetten aufstellen. Einen entsprechenden NDR-Bericht bestätigt der Landesbetrieb Erziehung und Beratung (LEB). „Die Lage ist in der Tat sehr angespannt“, sagt Sprecherin Bettina Bormann. In eigentlich für sechs Kinder gedachte Gruppen würden bis zu acht aufgenommen.

Insgesamt betreibt der LEB sechs Schutzhäuser mit 58 Plätzen. Sie sind ein Übergangs-Zuhause für Kinder bis sechs Jahren, die aus der Familie genommen wurden oder wegen anderer Notlagen betreut werden müssen, etwa weil ihre Eltern krank sind.

Die Nachfrage sei seit Ende Mai stark gestiegen, so Bormann. Als Reaktion bringe man drei- bis sechsjährige Kinder in ebenfalls für sie geeignete Wohngruppen unter. Dort kommen zehn Kinder auf 4,75 Erzieherstellen. In den Schutzhäusern betreuen dagegen fünf Erzieher im Schichtdienst je sechs Kinder.

Wurden 2009 noch 987 Minderjährige beim Kinder- und Jugendnotdienst aufgenommen, waren es 2010 schon 1.263 und im vergangenen Jahr 1.420. Die Sozialbehörde erklärte, sie habe das LEB-Personal bereits verstärkt und werde noch in diesem Jahr eine weitere Gruppe für Null- bis Dreijährige eröffnen. Auch für die älteren Kinder sei eine neue Gruppe geplant.

Der Engpass ist auch eine Folge der nach dem Fall Chantal verschärften Vorschriften für Pflegefamilien: Statt ins Schutzhaus können Jugendämter die Kinder auch in eine Bereitschafts-Pflegefamilie geben. Es gebe hier einen „Rückstau“, erklärt Ralf Portugal vom Pflegekinderdienst Pfiff.

Seit vier Monaten vermittele Pfiff nur noch ganz wenige Kinder. Künftig brauchen Pflegeeltern und deren Kinder ab 14 Jahren ein Gesundheitszeugnis mit Drogentest. Das nehme Zeit in Anspruch, so Portugal. In der Folge blieben Kinder länger bei den Bereitschaftspflegeeltern, die wiederum keine neuen Notfälle aufnehmen könnten.  KAJ