Rechte Hetze gegen Verein für Demokratie: Unter Druck

Die Zerstörung des Autos eines Rechten von „Ein Prozent“ kommentiert die AfD in einem Atemzug mit dem Verein „Miteinander“.

AfD-Wahlplakat, Detailaufnahme

Landtagswahlkampf 2016 in Halle/Saale, Wahlplakat der AfD Foto: Steffen Schellhorn/epd/imago images

BERLIN taz | Die AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt und rechtsextreme Medien machen erneut gemeinsam Kampagne gegen den „Miteinander e.V. – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit Sachsen-Anhalt“. Ohne jeglichen Beweis bringen sie den Verein mit der Zerstörung eines Pkw in Verbindung.

„Linksextremistische Terroristen“ hätten einen „Anschlag“ auf das Auto verübt, heißt es am 22. November auf der Website der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt. Tatsächlich wurde einen Tag zuvor kurz nach Mitternacht in Halle ein Auto zerstört. Unbekannte hatten die Scheiben zerschlagen, die Spiegel abgetreten. Der Besitzer des Autos Simon Kaupert ist „Journalist“ der rechtsradikalen „Ein Prozent“.

Während die Polizei Halle noch immer keine Angaben über die Täterschaft veröffentlicht hat, gab die AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt bereits am nächsten Morgen ein Statement auf ihrer Website ab. In diesem wird der „Miteinander e.V.“ mit der Tat in Verbindung gebracht. „Wir lassen derzeit alle zur Rede stehenden Texte über die Arbeit des Vereins juristisch prüfen“, sagt David Begrich von „Miteinader“ der taz.

Unter der Anschuldigung der AfD-Fraktion ist ein Video verlinkt. Dieses hatte Simon Kaupert auf der rechten Plattform „Ein Prozent“ veröffentlicht, einen Tag bevor sein Auto demoliert wurde. Laut AfD-Fraktion decke Kaupert darin „die kriminellen Machenschaften“ des „Miteinander e.V.“ auf. Das sechsminütige Video kommt im Stile einer Enthüllungsreportage daher. „Miteinander“ wird dort als „Schnittstelle zwischen linksextremen Schnüfflern und vermeintlich seriöser Zivilgesellschaft“ bezeichnet. Den Platz der Experten nehmen Mitglieder von „Ein Prozent“ und auch Ulrich Siegmund ein, der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion Sachsen-Anhalt.

AfD und „Ein Prozent“ arbeiten Hand in Hand

Es ist nicht der erste rechte Schlag gegen „Miteinander e.V.“. Der Verein engagiert sich, gefördert vom Bund und dem Land Sachsen-Anhalt, seit 1999 gegen Rechtsextremismus. „Miteinander e.V. steht für viele andere Organisationen, die sich mit solchen Dingen auseinandersetzen“, sagt Anetta Kahane, Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung. „Früher waren es völkische Besinnungsbestände in der Gesellschaft, die angriffen. Heute entfaltet die AfD Druck, weil sie es als Partei im Parlament kann. Das heißt aber nicht, dass wir deshalb zurückweichen müssen.“

„Miteinander e.V.“ wird Opfer dieser Dynamik: Seit 2002 versucht die extreme Rechte den Verein zu denunzieren. Seit 2017 stützen sie sich dabei auf die parlamentarische Arbeit der AfD, die ein Jahr zuvor mit 24 Prozent erstmals in den Landtag Sachsen-Anhalts gewählt wurde.

Im August 2018 warf die AfD-Fraktion „Miteinander e.V.“ Datenschutzverstöße vor. Ziel war es, dem Verein die Förderstrukturen abzuerkennen. Die Zivilkammer des Landesgerichts Magdeburg untersagte der AfD im Oktober 2018 weitere Behauptungen zum Thema Datenschutz aufzustellen.

Für die neue Kampagne gegen „Miteinander e.V.“ arbeiten AfD und „Ein Prozent“ nun Hand in Hand. „Die Schamgrenzen fallen, sich mit rechtsextremen Organisationen zusammenzutun“, diagnostiziert Anetta Kahane. Rechtsextremismus sei inzwischen facettenreich. „Die Rechten lernen aus dem Diversitätsanspruch der Gesellschaft“, sagt sie. Dabei sei die neue Taktik alles umzudrehen: „Die Rechtsextremen behaupten sie seien für Demokratie – das ist ihre Strategie“.

Demokratische Vertreter:innen und Vereine werden so systematisch mundtot gemacht. „Das demütigenden an der Situation ist, dass man für Selbstverständlichkeiten, einen demokratischen Konsens, auf so eine Weise kämpfen muss“, sagt Anetta Kahane. „Miteinander e.V.“ sei laut Kahane „nur für das Grundgesetz, deshalb muss man sich schützend vor den Verein stellen.“

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