Deutschlands Wirtschaft, AfD und Fußball: Hoeneß geht, Brandner auch

Beim Abschied von Uli Hoeneß gab es zu viele kritische Untertöne. Hier gibt es noch mehr, dieses mal gegen AfD- Brandtner und „Berliner Zeitung“-Friedrich.

Uli Hoeneß ganz verzweifelt

Bye-bye, „Stauffenberg der Bundesliga“ Foto: reuters

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Das Timing. Vor vier Jahren hatten wir eine bezugsfertige leere Autofabrik in Bochum.

Und was wird besser in dieser besser?

Laschet sucht Handynummer von Musk.

0,1 Prozent Wachstum, die Rezession ist in Deutschland abgewendet. Gehen die fetten Jahre ganz unerwartet doch noch weiter?

Ne, die „schwarze Null“. Handelskonflikte, Strafzölle, Brexit, Autokrise – so genau kann keiner erklären, wieso die deutsche Wirtschaft noch funktioniert. Freunde der reinen Leere jubeln bereits, für Konjunkturprogramme bestehe kein Anlass. „Ökonomischer Zeitgeist“, der nur für echte Krisen tauge, warnt etwa die FAZ. Nach außen hat Finanzminister Scholz bereits hinterlegt, mit sozialen Entlastungen, Klima- und Investitionsprogrammen haue Deutschland das Geld doch auch vorbildlich raus. Angesichts der Rezession ringsum wünscht etwa der Internationale Währungsfonds, wir sollten mal mehr einkaufen gehen. Kurz: Das schmale Wachstum kommt genau rechtzeitig, um sehr gut begründet gar nichts zu tun.

Die Koalition will im kommenden Jahr die Zustellung von Abo-Zeitungen mit 40 Millionen Euro subventionieren. Wird das Printgeschäft so gerettet?

Freue mich auf anhaltendes Geknödel der Zeitungsverleger gegen den „Staatsfunk“ von ARD und ZDF. Nun halten sie selbst die Hand auf. In Italien wurden Zeitungen großer Organisationen bezuschusst, Frankreich streut eine Milliarde an Zusteller und größere Redaktionen, in Österreich führte das System zum Fiasko: Dort stützt der Staat die Presse durch Anzeigen – prompt nutzten FPÖ-Minister das Werkzeug, missliebige Blätter durch Entzug abzustrafen. Der deutsche Vorschlag setzt „Tageszeitungen und Anzeigenblätter“ gleich – fragt also nicht nach der journalistischen Güte und finanziert das Verteilen mäßig bemäntelter Werbelyrik, mit der die Verleger sich die Qualitätstitel unterm Hintern wegschießen. Besser Schweden: Der Vertrieb wird subventioniert, und es gibt gezielte Zuschüsse für „Zweitzeitungen“ – da, wo überhaupt noch mehr als ein Blatt erscheint also. Dort wird auch diskutiert, Zeitungen aus der Rundfunkgebühr zu stützen – schön, dann müssen die Verleger gegen sich selbst polemisieren.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestags Stephan Brandner (AfD) wurde abgewählt. Kann die AfD überhaupt irgendjemand Geeignetes für den Posten nominieren?

„Einmal die Meinung gesagt – schon ist der Job weg“ lügt aus der Hüfte Brandtner, der mehrfach seine Meinung gesagt und den Job behalten hat – als Bundestagsabgeordneter. Für den Ausschussvorsitz gab’s nur eine kleine „Funktionszulage“. Sein hartnäckig herbeigegeiferter Rauswurf reiht sich in die Nichtwahl eines AfD-Vizepräsidenten oder die Keuschheitsbräuche vieler Landtagsfraktionen gegenüber Rechtsextremen. Wenn’s in den Parlamenten um Eingriffe in die Keimbahn, Sterbehilfen oder andere letzte Fragen geht, wird der Fraktionszwang aufgehoben, unter allgemeinem Jubel über „Sternstunden des Parlaments“. Hier, im Umgang mit dem maximalen politischen Gegner, muss die Gewissensentscheidung der Abgeordneten erst recht frei sein. Spannender die Frage, wann der Elan erlahmt: Österreich wurde wegen der Nazi-Vergangenheit seines Bundespräsidenten Waldheim isoliert Anfang der 90er, Anfang der Nullerjahre setzte es EU-Sanktionen gegen die erste FPÖ-Mitregierung. Doch es schliff sich ab. Genau da liegt die Kernfrage, im Morgen.

Am Montag duellieren sich die für den SPD-Vorsitz kandidierenden Teams im Fernsehen. Sollen wir einschalten?

Doch, ja, vielleicht dürfen die Frauen auch mal was sagen.

Tesla will nach Brandenburg kommen, wir freuen uns auf Elektro-SUVs aus regionalem Anbau. Stehen Sie auch schon so unter Strom?

Mit Blick auf Ford in Köln: Dietmar Woid­ke als „Adenauer Potsdams“ ist schon mal 'ne Liga.

ist Journalist, Fernsehproduzent und nicht subventioniert

Der frisch gebackene Eigentümer der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, wurde als Ex-Stasi-IM enttarnt. Wie weit reichen Schild und Schwert der Arbeiterklasse eigentlich noch?

Denunzieren, Nachbarn dem Staat ans Messer liefern, heimlich Berichte schmieren: So was musste ab 45 im Westen nicht mal entnazifiziert werden. Der „Blockwart“ machte einfach weiter, bei uns konnte so was höchste Ämter bekleiden; in der DDR hieß er ab da „Abschnittsbevollmächtigter“. Eine Charakterschweinerei allemal, doch: Wie schlau wir begnadigten Wessis den Ossis von Gnade abraten, ist schon auch wieder … hmtja…müsste man eigentlich melden.

Die Linke im Bundestag hat eine neue Fraktionsspitze. Wird die mediale Präsenz von Sahra Wagenknecht fehlen?

Die neue Fraktionsspitze kann sich auf eine medial ­präsente Wagenknecht einrichten.

Uli Hoeneß hat nun wirklich den Aufsichtsratsvorsitz bei Bayern München abgegeben. Wollen Sie die Gelegenheit nutzen, ihm nicht doch noch ein oder zwei freundliche Worte nachzurufen?

Im Taifun der Würdigungen waren mir zu viel kritische Untertöne. Es fehlte „Stauffenberg der Bundesliga“ und über die Haftzeit irgendwas mit Nelson Mandela.

Und was machen die Borussen?

Was hab ich gejubelt, als der BVB den Stolpergott Matthias Ginter verkauft hat. Nun ist er mit Gladbach Tabellenführer und trifft für die Nationalelf. Nennt mich „Das Auge“. Fragen: Daniél Kretschmar

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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