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Just like a woman

Frauen haben ein anderes Verhältnis zu Geld als Männer, sie denken meist langfristigerund setzen auf Kontinuität. Spezialisierte Finanzberatungen haben sich darauf eingestellt

Volle finanzielle Gleichberechtigung wird in der BRD rechtlich erst seit den 1970ern gewährt Foto: ClassicStock/Coleman mauritius images

Von Kristina Simons

Erst seit 1962 dürfen Frauen in Deutschland ein eigenes Bankkonto eröffnen. Bis sie ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes arbeiten und eigenes Geld verdienen durften, dauerte es noch bis 1977. „Frauen und Geld – das ist nach wie vor ein besonderes Thema“, sagt Mechthild Upgang, Gründerin der Frauenfinanzberatung Dr. Upgang AG in Bonn. „Zum einen haben Frauen in unserer Gesellschaft noch immer weniger Geld zur Verfügung.“ Zum anderen würden sie im Vergleich zu Männern häufig sorgfältiger mit Geld umgehen, eher langfristig denken und mehr auf Kontinuität als auf Wechsel setzen.

Dass Frauen Geld anders anlegen als Männer, beobachtet auch Susanne Kazemieh, Gründerin der Frauenfinanzgruppe in Hamburg. Frauen seien nicht risikoscheuer, sondern einfach risikobewusster als Männer. „Wenn Frauen sich an der Börse engagieren, tun sie das in dem Bewusstsein, dass die Kurse auch mal nach unten gehen können.“ Dadurch seien sie gerade in Krisenzeiten besser vor finanziellen Verlusten geschützt als Männer. „Bei tiefen Kursen schichten sie das Geld nicht gleich um. Somit profitieren sie dann beim Aufschwung vom ersten Tag an.“ Männer hätten hingegen eher ein Gefühl von „totsicherer Tipp“.

Lange Zeit haben Frauen den eigenen Vermögensaufbau vernachlässigt, doch in den letzten Jahren nimmt ihr Interesse an finanziellen Fragen stetig zu. Wie eine Umfrage des Bankenverbands von August 2019 zeigt, engagieren sich sowohl bei der Finanzplanung als auch bei der Altersvorsorge mittlerweile nahezu gleich viele Männer wie Frauen.

Dennoch sind Frauen verglichen mit Männern häufig ungenügend abgesichert. Die Gründe hierfür sieht der Bankenverband vor allem in der beruflichen Situation: Nur 54 Prozent der Frauen, aber 62 Prozent der Männer sind berufstätig. Zudem arbeitet fast jede zweite beschäftigte Frau in Teilzeit, bei den Männern ist es nur jeder Zehnte. Dementsprechend sparen Männer monatlich höhere Beträge an als Frauen.

Die ersten Finanzberatungen von Frauen speziell für Frauen wurden bereits vor mehr als 30 Jahren ins Leben gerufen. „Eine frauenspezifische Finanzberatung besteht darin, die Kundin und ihre individuelle Situation zum Dreh- und Angelpunkt der Beratung zu machen und nicht das Produkt oder irgendwelche Verkaufsvorgaben“, sagt Heide Härtel-Herrmann, die 1986 den Frauenfinanzdienst in Köln gegründet hat. „Frauen wollen eine besondere Versorgungs- und Vermögensberatung. Sie wünschen verständliche und umfassende Informationen.“ Diese Erwartungen würden übrigens auch von immer mehr Männern geteilt. So verwundert es nicht, dass alle genannten Frauenfinanzberatungen auch immer mehr Männer zu ihren Kunden zählen.

Auch beim Thema nachhaltige Geldanlagen gibt es Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Generell scheinen Frauen in Sachen Nachhaltigkeit die Nase vorn zu haben, wie die Meinungsforscher von YouGov im vergangenen Jahr bei einer Umfrage herausgefunden haben. „Diese größere Sensibilität von Frauen in Sachen Nachhaltigkeit stellen wir in unseren Gesprächen auch beim Thema Geldanlagen fest“, sagt Mechthild Upgang. Sehr häufig äußerten Frauen in der Beratung den Wunsch, dass mit ihrem Geld keine Waffen produziert oder Umweltschädigungen forciert werden. „Der Grund dürfte unter anderem darin liegen, dass es auch heute noch vor allem die Frauen sind, die für Haushalt und Familie verantwortlich sind. So haben Frauen den direkten Blick auf ihre Umwelt und sind eher bereit, ihr Konsumverhalten zu hinterfragen“, sagt Upgang. „Außerdem wünschen sich viele Frauen, dass ihre Kinder in einer Welt ohne Umweltzerstörung aufwachsen.“ Auch viele Kundinnen von Susanne Kazemieh fragen gezielt nach grünen Anlagen. Und der Frauenfinanzdienst hat seit Kurzem überhaupt nur noch Öko-Investment und nachhaltige Finanzprodukte im Angebot.

Nachhaltige Geldanlagen richtig einzuordnen sei jedoch nicht leicht, weiß Mechthild Upgang. Es gebe keine festen Standards, an die sich die Anbieter halten müssten. Dadurch sei der Markt für nachhaltige Investments sehr unübersichtlich und für Laien schwer zu durchschauen. 2018 entwickelte Upgang deshalb ihre eigene Fonds­idee und legte das Portfolio Future Folio 55 auf. Dafür wurde sie im Oktober 2019 vom Netzwerk Fondsfrauen zur Woman of the Year gekürt. „Für den Fonds werden insbesondere Titel ausgewählt, die den Fokus auf die Schaffung einer lebenswerten Zukunft mit fairen Bedingungen für alle legen“, erläutert Upgang. Die Idee zum eigenen Fonds sei in vielen Gesprächen mit jüngeren Anlegerinnen entstanden, die auf ETFs aufmerksam geworden seien. „Von den sehr günstigen Kosten der ETFs profitieren aber nur diejenigen, die sich selbst kümmern und nicht nur die Auswahl, sondern auch die regelmäßige Überwachung ihrer Anlage eigenständig managen.“ Genau das trauten sich viele ihrer Kundinnen jedoch nicht zu. Upgang hat den Future Folio 55 deshalb als gemischten Dachfonds konzipiert, der aus passiven Indexfonds (ETFs) und aktiv verwalteten Investmentfonds besteht. Ziel ist eine Verteilung des Fondsvermögens zu 55 Prozent in Aktien und zu 45 Prozent in Renten. „Aktien bieten Chancen, Renten sichern kalkulierbare Erträge, aktiv gemanagte Fonds bieten Know-how und passiv investierende ETFs nutzen Kostenvorteile“, erläutert Upgang.