Polizeigesetz in Schleswig-Holstein: Von Todesschüssen und Fußfesseln

Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein legt einen Entwurf für ein neues Polizeigesetz vor und rühmt sich, Bürgerrechte gewahrt zu haben.

Ein Mann trägt eine elektronische Fußfessel.

Sollen künftig auch in Schleswig-Holstein zum Einsatz kommen: Fußfesseln Foto: dpa

NEUMÜNSTER taz | Tödliche Schüsse, Waffengebrauch gegen Minderjährige, Fußfesseln: Im Entwurf für das Polizeigesetz, das Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) am Dienstag in Kiel vorstellte, stehen Punkte, die unter den Parteien der Jamaika-Koalition umstritten waren. Dennoch sei der Entwurf insgesamt etwas, „mit dem wir uns sehen lassen können“, fasst Burkhard Peters, Sicherheitsexperte der grünen Landtagsfraktion, im Gespräch mit der taz zusammen. Auch CDU und FDP sind zufrieden. Die Opposition bleibt kritisch.

„Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir unseren Polizistinnen und Polizisten die nötige Rechts- und Handlungssicherheit geben“, sagte Grote. Er verwies darauf, dass es heute ganz andere Gefährdungslagen gebe als bei der jüngsten Reform vor zwölf Jahren. Dass das Polizeigesetz geändert wird, liegt an bundesrechtlichen Vorgaben, an die die Landesgesetze angepasst werden müssen. In vielen Regionen nutzten die Regierungen die Reform, um die Rechte der Behörden auszuweiten, was – wie in Bayern – heftige Proteste nach sich zog.

Im Norden solle das nicht passieren, so Peters, und der polizeipolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jörg Hansen, pflichtet mit Verweis auf Bürgerrechte bei: „Ein Polizeigesetz nach bayerischem Vorbild ist mit unserem Selbstverständnis nicht vereinbar.“

Dennoch dürfen, wenn das Gesetz wie geplant im Frühjahr in Kraft tritt, Polizist*innen in Schleswig-Holstein tödliche Schüsse anwenden, um Täter*innen in Extremlagen zu stoppen. Die Waffe darf auch gegen Jugendliche unter 14 Jahren eingesetzt werden. Burkhard Peters nennt als Beispiel einen Amoklauf an einer Schule, bei dem das Leben anderer Kinder bedroht ist.

Ausgeweitete Überwachungsrechte

Fußfesseln sollen bei sogenannten Gefährder*innen zum Einsatz kommen. Elektroschocker, sogenannte Taser, sollen getestet werden. Bodycams haben einen Test bereits hinter sich, nun sollen die Kameras am Körper regelhaft angewendet werden. Ausschalten muss die Polizei sie aber, wenn sie Verdächtige in deren Wohnungen verfolgen. Ausgeweitet werden Überwachungsrechte. Unter anderem soll die Landespolizei anlasslos in Grenzregionen und auf Verkehrsachsen kontrollieren dürfen.

Aus Sicht der Grünen waren auch Online-Durchsuchungen und Rasterfahndung im Netz schwierige Punkte. Gemeinsam mit der FPD sei es gelungen, die CDU von einer Spähsoftware wie dem „Staatstrojaner“ abzubringen. „Mit solchen Methoden beteiligt sich der Staat daran, die Sicherheit des Netzes zu korrumpieren“, sagt Burkhard Peters. Den Trojaner hatten Grüne zur „roten Linie“ erklärt.

Kritik am Gesamtpaket kommt auch von der SPD. Wesentliche Punkte der sicherheitspolitischen Diskussion würden ausgeblendet, sagte deren polizeipolitische Sprecherin, Kathrin Wagner-Bockey. Zudem werde zu viel über Terror und zu wenig über Alltagskriminalität gesprochen. So fehle etwa das Thema häusliche Gewalt.

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