YouTube-Kanal gesperrt: Kein „Real Talk“ über LGBT

In Russland wird gegen ein YouTube-Format ermittelt, in dem Kinder mit Vertretern der LGBT-Community über Homosexualität sprachen.

Polizist von hinten fotografiert vor einer wehenden Regenbogenfahne.

Immer wieder geht der russische Staat gegen LGBT vor: Polizist bei einer Demo in St. Petersburg Foto: Anton Vaganov/reuters

Die Untersuchungsbehörde der russischen Hauptstadt Moskau hat wieder einmal ein hartes Stück Arbeit vor sich. Es geht um ein Verfahren nach Artikel 132 des russischen Strafgesetzbuches über „gewaltsame Handlungen sexuellen Charakters gegenüber Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben“. Darauf stehen zwischen 12 und 20 Jahren Haft.

Der Tatort ist eine Serie mittlerweile gelöschter Videos, die der YouTube-Kanal „Real Talk“ Anfang September in Umlauf gebracht hatte. Dort unterhalten sich Kinder mit Vertretern der LGBT-Community – unter anderem mit Homosexuellen und einer Pornodarstellerin. In einer Szene fragt ein Mädchen, warum Jungen aufwüchsen und keine Mädchen lieben könnten. An anderer Stelle fragt ein Schwuler Kinder, was sie über Homosexualität wüssten und erklärt ihnen, dass dies normal sei.

Das finden die russischen Behörden offensichtlich ganz und gar nicht. Nach Angaben der Koordinatorin der Menschenrechtsgruppe Pravasaschity Otkrytki, Walentina Dechtjarenko, seien alle Beteiligten bereits bei der Polizei einbestellt worden. Den Müttern zweier Kinder sei mit dem Entzug des Sorgerechts gedroht, andere Eltern von Mitarbeitern des Jugendamts aufgesucht worden. Es gebe die Version, die Eltern hätten unter Druck der Teilnahme ihrer Kinder an der Fragestunde zugestimmt. Das sei Unsinn, sagt Dechtjarenko.

Bereits Mitte September hatte sich der Vize-Speaker des Unterhauses (Duma), Petr Tolstoi, für die inkriminierten Bewegtbilder interessiert. „Was ich gesehen habe, kann Eltern nicht gleichgültig lassen. Sollen doch die Spezialisten feststellen, ob hier ein Gesetzesverstoß vorliegt. Mir scheint, dass das unzulässig und unmoralisch ist“, sagte er der Zeitung Iswestija.

„Real Talk“ blockiert

Tolstoi glaubt festgestellt zu haben, dass die minderjährigen Gesprächspartner vorbereitet gewesen seien. Schließlich hätten sie Fragen, warum LGBT-Ehen in Russland verboten seien, nicht aus der Ruhe gebracht.

Die russische Informationsaufsichtsbehörde Rozkomnadzor hat den Kanal „Real Talk“, der seit zehn Monaten existiert, blockiert. Gegen den Produzenten des Videos wurde ein Verfahren wegen „Propaganda nichttraditioneller sexueller Beziehungen zwischen Minderjährigen“ eingeleitet. Das sogenannte Homo-Propagandagesetz wurde 2013 von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte fest, dass es Homosexuelle diskriminiere.

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