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Fans wollen marschieren

Das Verwaltungsgericht hält die Bremer Fanmarschverbote bei Werder-Spielenfür klärungsbedürftig, weil auch Fans betroffen sind, die keine Gewalt ausüben

Von Ralf Lorenzen

Wer als Fußballfan mit der Bahn mehrere Hundert Kilometer zu einem Spiel des SV Werder Bremen anreist, möchte meist auch etwas von der Stadt sehen oder dieser auch außerhalb des Stadions zeigen, an wessen Verein seine Liebe hängt. Das war in Bremen wie in anderen Bundesligastädten der Normalfall – bis Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) vor ein paar Jahren die Polizei bei einem Fanmarsch zum Stadion begleitete. Zu dem, was er sah, gehörten laut seiner Sprecherin Rose Gerdts-Schiffler „mehrere Tausend grölende, teils angetrunkene Fans, die durch die Innenstadt zogen, Böller abbrannten, Sachbeschädigungen begingen, und Flaschen, Tüten und Abfall einfach unter sich fallen ließen“, wie sie der taz sagte.

Seit 2010 verhängt das Ordnungsamt Verbote gegen Fanmärsche, zunächst nur gegen Fans vom HSV und Hannover 96, inzwischen bei allen Spielen, bei denen laut Polizei ein „erhöhtes Gewaltpotenzial“ besteht. In diesem Jahr war das laut Innenbehörde sechsmal der Fall. „Die am Bremer Hauptbahnhof ankommenden Fans des Gastvereins werden von der Polizei gezwungen, in Shuttle-Busse Richtung Weserstadion zu steigen“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fanhilfe Hertha BSC und der Grün-Weißen Hilfe, einer Anlaufstelle für alle Werder-Fans mit rechtlichem Beratungsbedarf. Als „Freiheitsberaubung“ empfand Fritz Müller von der Fanhilfe Hertha BSC dieses Vorgehen am letzten Samstag, als der Klub aus der Hauptstadt in Bremen gastierte. „Als Bremer würde ich mich für diesen Umgang mit Gästen der Stadt schämen. Die meisten anderen Bundesligastandorte zeigen sich wesentlich gastfreundlicher“.

Laut Innenbehörde kann von Freiheitsberaubung keine Rede sein. „Der Zugang zu den Bussen wird immer angeboten“, heißt es in einer Stellungnahme. „Die Begleitung der Fans am Hauptbahnhof zielt nicht darauf ab, die Freiheit der Fortbewegung einzuschränken. Sie soll vielmehr verhindern, dass gewaltbereite Fangruppen in den in der Allgemeinverfügung bestimmten Verbotsbereich gelangen. Darüber hinaus sollen die anreisenden Fans vor anderen gewaltbereiten Fans geschützt werden.“

Ob dies durch die Verfügung gegeben ist, hält das Verwaltungsgericht Bremen allerdings für klärungsbedürftig. Ein Hertha-Fan hatte in einem Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht am Freitag versucht, das kurz vorher verhängte und veröffentlichte Fanmarschverbot zu kippen. „Der Antragsteller reist morgen mit vier Freunden mit einem Quer-durchs-Land-Ticket an“, heißt es in der Begründung des Antrags durch Rechtsanwalt Torsten Kellermann. „Ob er mit seinen Freunden dann tatsächlich den frühen Nachmittag in der Innenstadt verbringen kann, ist völlig ungewiss.“

„Als Bremer würde ich mich für diesen Umgang mit Gästen schämen“

Fritz Müller, Fanhilfe Hertha BSC

Das Gericht lehnte den Eil-Antrag wegen des bestehenden Zeitdruckes zwar ab, hielt es in der Begründung für klärungsbedürftig, ob von der Verfügung „kleinere Gruppierungen“ erfasst werden und ob die aus ihr „folgende Einschränkung für alle nicht gewaltbereiten Gruppen verhältnismäßig ist“. Auch wenn in der Verfügung von Einzelfallprüfungen bei Einzelpersonen und Kleingruppen die Rede sei, „ist bei lebensnaher Betrachtung fraglich, wie genau diese Prüfung erfolgen soll und ob es gewährleistet werden kann, diese Gruppen von der großen Gruppe aller gleichzeitig anreisender Fans zu trennen.“

Torsten Kellermann sieht darin, „deutliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Fanmarschverbots“. Er kündigt an, die Klage im Hauptsacheverfahren weiter zu verfolgen. Rückendeckung erhält er von der Grün-Weißen Hilfe. „Offensichtlich haben die Bremer Behörden darauf spekuliert, dass die Gästefans sich die rechtswidrigen Maßnahmen auf Dauer gefallen lassen, weil ihr jeweiliger Verein ja nur einmal im Jahr davon betroffen ist“, sagt Leo Brock von der Fanhilfe.

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