Streit um Batterieforschungsfabrik: Karliczek unter Beschuss

Kommt ein teures Forschungszentrum nur deshalb nach Münster, weil Karliczeks Wahlkreis in der Nähe liegt? Erstmals äußert sich das Ministerium.

Anja Karliczek stützt ihren Kopf nachdenklich auf ihre Hand

Aus welchen Gründen das Votum für den Standort Münster gefallen ist, ist noch unklar Foto: dpa

BERLIN taz | Bundesforschungsministerin Anja Karliczek bleibt wegen der Standortentscheidung ihres Hauses für eine neue Forschungsfabrik für Batteriezellen weiter unter politischem Beschuss. Die Grünen im Bundestag hatten der CDU-Ministerin nach Einsicht in interne Dokumente jetzt ein „eklatantes Führungsversagen“ vorgeworfen, weil der Auswahlprozess für das 500-Millionen-Euro-Projekt „vollständig aus dem Ruder gelaufen“ sei.

Aus welchen Gründen das Votum für den Standort Münster, direkt neben dem Bundestagswahlkreis der Abgeordneten Karliczek in NRW gefallen sein, werde vom Ministerium „weiterhin verschleiert“, kritisierten die beiden Grünen-Sprecher für Technologie und Wissenschaft, Anna Christmann und Kai Gehring. Auch beim Auftritt der Ministerin im Forschungsausschuss des Bundestags am Mittwoch dürfte das Thema eine Rolle spielen.

Um die Oppositions-Vorhaltungen zu widerlegen, lud das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) am Dienstag zu einem eilends einberufenen Pressegespräch. Der neue Staatssekretär des BMBF, Wolf-Dieter Lukas, der im Juli die Standortentscheidung noch in seiner damaligen Eigenschaft als Abteilungsleiter getroffen hatte, hob hervor, dass Ministerin Karliczek mit dem Vorgang nicht direkt befasst gewesen sei. Diese sei vielmehr von einem Expertengremium von Wissenschaftlern der Fraunhofer-Gesellschaft und Unternehmensvertretern in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium getroffen worden.

Dem widersprechen die Grünen nach Einsicht in die Akten des Vorgangs, den ihnen das BMBF gewährte. Christmann und Gehring gelangen zu dem Fazit: „Die Ministerin war entgegen ihrer bisherigen Beteuerungen ganz eng in die Vorgänge um die finale Förderentscheidung eingebunden und ist ihrer Verantwortung als Ressortchefin in keiner Hinsicht gerecht geworden.“

Ulm habe an Platz 1 gestanden

In der Forschungsfabrik sollen die Materialien und Produktionstechniken erprobt werden, die später in einer industriellen Massenherstellung von Batteriezellen für Elektrofahrzeuge zum Einsatz kommen werden. Um den Standort war seit Anfang des Jahres in der Forschungsszene ein heftiger Wettbewerb entbrannt, in dem am Schluss noch die Technologiestandorte Münster, Ulm, Karlsruhe, Salzgitter und Itzehoe im Rennen waren.

Dem Batterieforschungszentrum MEET an der Universität Münster wurde eine hervorragende Grundlagenforschung attestiert, während der Standort Ulm mit seiner Nähe zur Automobilindustrie in Süddeutschland punktete.

Nach Darstellung der Grünen habe es innerhalb des Expertengremiums eine Rangliste gegeben, in der Ulm an Platz 1 gestanden habe. Dem wurde jetzt von Gremienvertretern widersprochen. Die Experten hätten lediglich mit einer umfangreichen Tabelle gearbeitet, in der die wichtigsten Standortkriterien wie Bauplatz oder Personal mit Punkten bewertet worden seien. In der ersten Fassung habe Ulm in der Tat die meisten Punkte erhalten.

Zum Schluss jedoch, als weitere Kriterien herangezogen wurden, habe sich Münster mit 4,3 Bewertungspunkten vor Ulm mit 4,25 und Salzgitter mit 4,1 Punkten als bester Standort herausgeschält.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.