Demozone Flughafen Hongkong: „Bitte steht uns bei“

Tausende Demonstranten sorgten am Dienstag für die vorübergehende Schließung des Hongkonger Airports. Ein Polizeieinsatz endet im Chaos.

Demonstranten hinter einer Sperre aus Gepäckwagen

Willkommen in Hongkong: Demonstranten blockieren den Flughafen am Dienstag mit Gepäcktrolleys Foto: Tyrone Siu/reuters

HONGKONG taz | Glück gehabt. Mein Flieger landete am Dienstag planmäßig um 18 Uhr auf dem internationalen Flughafen von Hongkong. Kurz darauf war wieder Schluss mit Fliegen. Wie schon am Tag zuvor haben Demonstranten für Freiheit und Demokratie Hongkongs Tor zur Welt besetzt. Der Flugbetrieb wurde erneut vorübergehend eingestellt.

Passkontrolle und das Abholen des Koffers am Gepäckband finden noch in ruhiger und entspannter Atmosphäre statt. In der Ankunftshalle aber empfangen uns lautstark Tausende maskierter Demonstranten in schwarzen T-Shirts.

Die auf Kantonesisch gerufenen Parolen bleiben für Ausländer unverständlich. Um so eindeutiger aber sind die Plakate auf Englisch: „Fight for Freedom – Stand by Hong Kong“ oder „Seid vorsichtig! Traut Hongkongs Polizei nicht. Sie ist korrupt und verletzt Unschuldige.“

Die Reaktion der Passagiere auf diese abrupte Begegnung mit der Hongkonger Realität fällt gemischt aus. Die einen ertragen den Spießrutenlauf durch das Spalier der Demonstranten mit stoischer Ruhe und zusammengekniffenen Lippen. Andere recken den Daumen hoch, während eine asiatische Dame die Demonstranten in aggressivem Ton und mit grimmiger Mimik auf Chinesisch anschreit.

„Wir retten unsere Heimat“

Die Protestierenden verhalten sich freundlich. Einer hält ein Schild hoch mit der Aufschrift „Sorry!!! für jegliche Unannehmlichkeit. Wir retten unsere Heimat. Bitte steht uns bei!“

Ausländern drücken sie Flugblätter in die Hand mit ihren Forderungen an Hongkongs Regierung: „Keine Auslieferungen an China, keine Strafverfolgung der Demonstranten, keine Straffreiheit für Polizeibrutalität, keine von Peking manipulierten Wahlen und keine Brandmarkung der Demonstranten als Aufrührer.“

Mit der Flughafenblockade reagieren die Regierungskritiker auf das gewaltsame Vorgehen der Polizei mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Protestbewegung. Am Wochenende war eine Frau von einem Gummigeschoss ins Auge getroffen und schwer verletzt worden.

Protest gegen Gewalt der Polizei

„Die Polizei hat uns ohne Vorwarnung von Dächern aus beschossen und Tränengas selbst in eine U-Bahn-Station gefeuert“, erzählt später ein Demonstrant, der seinen Namen nicht in den Medien sehen möchte.

Seit mehr als zwei Monaten erschüttern Massenproteste gegen Chinas wachsenden politischen Einfluss die autonome Sonderverwaltungszone Hongkong. Auslöser war der Gesetzentwurf, der die Auslieferung von Straftätern an die Volksrepublik China ermöglicht hätte.

Peking reagiert inzwischen zunehmend aggressiv auf die Proteste in Hongkong. Die kommunistische Führung sieht „Elemente von Terrorismus“ am Werk, droht mit der „eisernern Faust“ und betont den Passus in der Verfassung Hongkongs, der es der chinatreuen Regierung erlaubt, Chinas Militär um Hilfe „zu bitten“.

Hongkongs chinatreue Regierungschefin Carrie Lam bittet tränenreich die Demonstranten, die Sonderverwaltungszone nicht „in den Abgrund zu stürzen“, lehnt aber deren Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung der Polizeigewalt stur ab.

Die Flughafenbesetzung zieht sich bis in den frühen Mittwochmorgen hin. Die Demonstranten bringen einen Mann in ihre Gewalt, den sie für einen Undercoveragenten des chinesischen Geheimdienstes halten. Chaos bricht aus, als die Polizei ins Terminalgebäude eindringt, um den Mann zu befreien.

Aus Gepäckwagen werden Barrikaden

Demonstranten türmen Gepäckwagen zu Barrikaden auf, Polizisten schlagen mit Schlagstöcken zu und greifen mit Pfefferspray an. Ein Video zeigt später einen Beamten, der seine Dienstpistole zieht, als er von Demonstranten mit seinem eigenen Knüppel verprügelt wird.

Auch am Mittwoch sollte der Flughafen wieder Ziel von Protestaktionen sein. Doch die Flughafenverwaltung hat über Nacht eine gerichtliche Verfügung erwirkt, die Demonstrationen nur noch in zwei speziellen Zonen der Ankunftshalle erlaubt. Die meisten Demonstranten haben sie zurückgezogen.

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