das portrait: Klaus Griesbachstieß den Bio-Handel an
Im Laden gab es Gemüse aus dem eigenen Garten, japanischen Reis und anarchistische Zeitschriften. Als Klaus Griesbach 1972 in Hamburg „Schwarzbrot Naturspeisewaren“ eröffnete, war er ein Pionier der Bio-Branche. Jetzt ist er im Alter von 76 Jahren gestorben.
Tagelang mit dem VW-Bus in London oder Amsterdam, um Mikrobiotik zu besorgen, Nüsse in Tüten mit handschriftlichen Aufklebern abfüllen: So beschreibt ein ehemaliger Mitarbeiter die Anfänge des Bio-Ladens in einem Online-Kondolenzbuch, das der Bund Naturkost und Naturwaren (BNN) für Griesbach ins Netz gestellt hat. Gemüse und Käse bekam Griesbach von Höfen aus der Umgebung. Die wolle er unterstützen, auch wenn Obst aus Süddeutschland günstiger sei, schrieb 1982 Die Zeit.
Trotzdem war Griesbach international vernetzt. Bio-Bananen, Reis oder Hirse importierte er zusammen mit anderen Hamburger Läden aus den USA oder der Dominikanischen Republik. Umschlagplatz war zuerst der Laden selbst, später gründete der Inhaber die Schwarzbrot-Einkaufsgemeinschaft mit einem Lager in Hamburg-Altona.
Nicht nur die Produkte waren bei Griesbach alternativ. Immer wieder kritisierte er die Marktwirtschaft und warb für Kooperation. Ohne ein starkes Element von Partnerschaft werde der regionale Naturkosthandel untergehen, zitiert ihn das Portal Bio-Markt. Bereits zu Anfang arbeitete sein Laden mit Höfen der Demeter-Organisation zusammen. An Griesbachs Gemeinschaft konnten sich EinzelhändlerInnen und LieferantInnen beteiligen, allerdings nie mit mehr als 3.000 Mark. Griesbach wollte vermeiden, von großen Krediten abhängig zu sein. Seine Waren verkaufte er als Großhändler an alle zum gleichen Preis, unabhängig von einer Beteiligung. Wer ihn unterstützte, sollte das aus Überzeugung tun.
Auch im Unternehmen sollte es gerecht zugehen. Alle 20 MitarbeiterInnen bekamen den gleichen Stundenlohn, für Frauen mit Kindern gab es einen Zuschlag. An einen „Mentor in Sachen Bio-Relevanz“ und an politische Utopien erinnern sich ehemalige Angestellte auf der Webseite des BNN. Die Utopie lautete: „Naturkost für alle“. Der Politik warf Griesbach vor, nicht genug dafür zu tun. 1999 musste die Schwarzbrot-Einkaufsgesellschaft Insolvenz anmelden. Danach engagierte sich Griesbach international für den wachsenden Bio-Markt. In China beriet er unter anderem das Unternehmen Organic Farm. Die Firma baut auf mehreren Farmen Bio-Gemüse an.
Nach zehn Jahren in China kehrte Griesbach nach Hamburg zurück, seit 2015 litt er an Krebs. Mittlerweile steigt der Anteil von Bio-Produkten am Lebensmittelhandel in Deutschland zwar stetig. „Naturkost für alle“ ist aber noch keine Realität geworden. Jana Hemmersmeier
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