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Impfpflicht kommt – FAQPieksen gegen Masern

Das Bundeskabinett bringt die Masernimpfpflicht auf den Weg. Ab nächstem Frühjahr sind für Kinder die Nachweise zwingend.

Kitas dürfen Kinder, die nicht geimpft sind, künftig nicht mehr annehmen Foto: dpa

Berlin dpa | Lange wurde darüber diskutiert, jetzt kommt die gesetzliche Pflicht zur Impfung gegen Masern. Bei Kindern gibt es künftig so gut wie keine Ausnahmen. Auch einige Erwachsenengruppen müssen sich impfen lassen oder nachweisen, dass sie immun gegen die Masern sind. Die Regelungen im Einzelnen:

Ab wann gilt die Impfpflicht und für wen?

Ab März nächsten Jahres. Bei Eintritt in die Kita oder Schule müssen Eltern für ihre Kinder ab dann die Impfung vorweisen. Für Kinder, die schon im Kindergarten oder in der Schule sind, muss bis spätestens 31. Juli 2021 nachgewiesen werden, dass sie geimpft sind oder die Masern schon hatten. Impfpflicht besteht auch für Erzieherinnen und Erzieher in Kitas, für Lehrer, Tagesmütter und für Beschäftigte in medizinischen und sonstigen „Gemeinschaftseinrichtungen“. Dazu zählen Ferienlager oder auch Asyl- und Flüchtlingsunterkünfte. Auch Bewohner solcher Einrichtungen müssen sich impfen lassen oder nachweisen, dass sie immun sind.

Gibt es Ausnahmen?

Ja. Wer mit einem ärztlichen Attest nachweist, dass eine Impfung aus gesundheitlichen Gründen nicht ratsam – also kontraindiziert – ist, ist von der Impfpflicht befreit. Außerdem sind vor 1970 Geborene von der Impfpflicht befreit, da sie größtenteils immun sein dürften, weil sie die Masern höchstwahrscheinlich durchgemacht haben.

Was passiert denen, die sich nicht an die Impfpflicht halten?

Kitas, Schulen und andere Einrichtungen, in denen die Impfpflicht gilt, müssen Impfsäumige an das Gesundheitsamt melden. Das entscheidet dann über das weitere Vorgehen und kann im Extremfall Bußgelder bis 2.500 Euro verhängen. Kitas dürfen ungeimpfte Kinder künftig nicht mehr annehmen. Auch gegen die Einrichtungen können Bußgelder verhängt werden, wenn sie sich nicht an die Impfpflicht halten.

Wie weise ich die Impfung oder Immunität nach?

Über den Impfausweis, das gelbe Kinderuntersuchungsheft oder ein ärztliches Attest. Wer sich nicht sicher ist, ob er geimpft ist oder nicht, kann auch einen Bluttest machen. Wenn Antikörper nachgewiesen werden, hatte man entweder schon Masern und ist somit immun oder man ist bereits geimpft. Im Zweifel sollten sich auch Erwachsene lieber noch einmal impfen lassen, rät die Ständige Impfkommission (STIKO). Das für Infektionskrankheiten zuständige Robert-Koch-Institut (RKI) sieht bei nach 1970 geborenen Erwachsenen große Impflücken.

Muss ich mit meinem Kind für die Impfung extra in eine volle Kinderarztpraxis?

Nein. Die Impfung soll künftig bei allen Ärzten außer Zahnärzten möglich sein.

Warum werden Masern überhaupt als so gefährlich eingestuft?

Bei Infizierten wird das Immunsystem geschwächt, es kann zu Komplikationen wie Mittelohr- und Lungenentzündungen kommen. Selten kommt es auch zu Gehirnentzündungen, die tödlich enden können. Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit, sagt das RKI. Bei 1.000 Erkrankten gebe es einen Todesfall. Manchmal führt die Krankheit erst nach Jahren zum Tod, etwa bei der Masern-Gehirnentzündung SSPE – wer im Säuglingsalter an Masern erkrankt, ist besonders gefährdet.

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3 Kommentare

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  • Juristische Bauchlandung Spahns vor dem Bundesverfassungsgericht ist bereits absehbar

    Die meisten Experten halten die Masernimpfpflicht für medizinisch eher kontraproduktiv und für verfassungsrechtlich bedenklich. Der Ethikrat hat sie in einer sehr fundierten Stellungnahme als unverhältnismäßig abgelehnt. Zudem ist bekannt, dass Impfzwang bei einer Impfung die Akzeptanz von anderen Impfungen schwächt. Der populistische Aktionismus von Spahn und anderen Gesundheitspolitikern hilft daher nicht beim Kampf gegen Masern, sondern nur bei der eigenen Profilierung. Die SPD bricht mit ihrer Zustimmung das eigene Wahlversprechen, keine Impfpflicht einführen zu wollen. Frau Merkel hat sich ebenfalls in der Vergangenheit aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken für Aufklärung statt Impfzwang ausgesprochen. Es wird also nicht nur der Rat der Experten konsequent ignoriert, sondern auch die eigenen Überzeugungen und früheren Wahlversprechen gelten plötzlich nicht mehr, weil einige Umfragen offenbar einen populistischen Nutzen für Impfpflichtbefürworter zu versprechen scheinen. Es ist traurig, dass in Deutschland Grundrechte eingeschränkt werden sollen, nur weil es der Profilierung einzelner Politiker dient. Wenigstens stehen die Chancen gut, dass das Bundesverfassungsgericht das vorliegende Gesetz wieder einkassiert. Diese Blamage für die Politik wäre dann die gerechte Strafe dafür, dass die große Koalition alle die mahnenden Stimmen der Experten konsequent ignoriert hat.

  • 9G
    92358 (Profil gelöscht)

    Das sollte so gehandhabt werden, wie in der ehemaligen DDR. Generelle Impfungen in Kita´s (vormals Kindergärten) und Schulen. Dann geht keiner durch die Maschen und führt gleichsam auch in den Elternhäusernzu einer Desensiblisierung, weil es für alle dann Normalzustand ist. Dann passiert auch solcher Unsinn wie "Impfgegner" nicht. "Vom Staat so angeordnet - Ausführung mit jawohl!" fertig. Impfungen sind ein gesellschaftlicher Schutz, wir leben nunmal "dicht auf die Pelle gerückt", da darf Impfpflicht nicht in Entscheidungshoheit des einzelnen, respektive Erziehungsberechtigten liegen. Das sugeriert aber die Handhabe, die Eltern aufzufordern, mit ihren Kindern zum Arzt zu gehen - diesen Ansatz finde ich falsch. Vielmehr sollte es so sein: wenn Eltern es ergänzen wollen, können sie es gerne tun, Grundversorgung an Impfungen ist jedoch Staatshoheit. Er hat als Lenkungsorgan der Gesellschaft Sorge zu tragen, dafür ist er da! Er strebt Globalisierung an also muß er auch striktes Weisungsrecht über die Bürger haben: "das wird so gemacht und keine Widerworte". Es geht hier um Impfungen, nicht darum, die Menschen zu chipen!

  • Hmm, was ist da nur los im Bundeskabinett, seit 2017 gibt es in Deutschland keinen zugelassenen Masern-Einzelimpfstoff mehr, da die Produktion eingestellt worden ist.



    Bleibt nur eine Impfung mit dem Dreifachimpfstoff Masern, Mumps und Röteln, das steht aber im Konflikt mit einer freien Impfentscheidung. Ich frage mich an dieser Stelle ob ein Einzelimpfstoff dann ab 2019 wieder zur Verfügung steht - schließlich ist Impfen ja dann Pflicht?