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„Aufforstung allein bringt es nicht“

Waldexpertin erinnert angesichts neuer optimistischer Studie an die Komplexität der Klimakrise

Foto: privat

Jana Ballenthien

38, ist Soziologin, Natur­pädagogin und Waldreferentin bei Robin Wood.

Interview Andrew Müller

taz: Frau Ballenthien, eine am Freitag im Fachmagazin Science veröffentlichte Studie kommt zu dem Ergebnis, dass neue Wälder zwei Drittel aller CO2-Emissionen ausgleichen könnten. Heißt das, dass uns Aufforstung vor dem Klimatod retten kann?

Jana Ballenthien: Überhaupt nicht. Die Ergebnisse dürfen nicht die Illusion schüren, dass es eine einfache Lösung für alle Klimaprobleme gibt. Einfach ein paar Setzlinge zu pflanzen und damit raus aus dem Schneider zu sein, das wird nicht funktionieren.

Wie meinen Sie das?

Zum Beispiel ist es viel wichtiger, dass die massive Rodung alter Wälder gestoppt wird. Die kann man nämlich gar nicht durch Aufforstung ausgleichen. Das gilt nicht nur für den tragischen Extremfall Brasilien, sondern überall. In Rumänien gab es 2004 noch über 280.000 Hektar unberührten Wald, heute ist es weniger als die Hälfte. Unter anderem weil Ikea dort 8 Prozent seines Holzes herbekommt. Nicht einmal Schutzgebiete helfen: Auch dort ist illegaler Holzeinschlag an der Tagesordnung.

Warum ist dieser alte Wald so wichtig?

Alte Wälder speichern viel mehr CO2 und Feuchtigkeit, sind artenreicher und resilienter. Neu aufgeforstete Wälder brauchen über hundert Jahre, ehe sie so etwas auch nur annähernd leisten können, und im schlimmsten Fall ähneln sie eher einer Monokultur.

Aber sind die Wissenschaftler*innen der ETH Zürich wirklich so naiv? Die wissen doch auch, dass überall gerodet wird und Bäume eine Weile brauchen, um zu wachsen.

Ja, aber sie ziehen sich oft zurück auf die reinen Zahlen. Aufforstung hat nur Sinn, wenn man auch die kapitalistische Produktion und den ungezügelten Konsum insgesamt problematisiert. Ganz knapp gesagt: Wir müssen unseren Konsum drastisch reduzieren, mehr recyceln und alte Wälder erhalten. Man kann nicht erwarten, dass Wald einfach alle Probleme löst.

Wäre die Studie besser nicht erschienen?

Wir begrüßen die Studie. Die Ergebnisse sind gut und wichtig, und wir brauchen solche positiven Signale. Aber das sollte nicht missverstanden werden als einfaches Allheilmittel, damit ansonsten alles so weitergehen kann.

Wie könnte man Aufforstung als ein Baustein gegen Klimawandel sinnvoll angehen?

Das hat alles mit Geld und politischem Willen zu tun. Um aufzuforsten, muss man investieren und subventionieren – sei es nur, um Zäune zu bauen oder die Kleinbauern zu entschädigen, die vermutlich auf den fraglichen Flächen leben. Aber noch mal: Allein bringt das nicht so viel, wie man sich vielleicht wünschen würde.

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