heute in bremen: „Der Kontaktaufbau ist langwierig“
Dennis Rosenbaum, 45, Sozialarbeiter, beim Verein Vaja für aufsuchende Jugendarbeit und Rechtsextremismusprävention zuständig
Interview Lotta Drügemöller
taz: Herr Rosenbaum, „mit Rechten reden“, würde das den akzeptierenden Ansatz von Vaja beschreiben?
Dennis Rosenbaum: Das greift zu kurz. Erstens richtet sich akzeptierende Jugendarbeit nicht nur an rechts orientierte Jugendliche: In anderen Teams arbeiten wir beispielsweise auch mit Punks. Zweitens ist der Begriff „Rechte“ zu pauschal. Wir arbeiten nicht mit ideologisch gefestigten Rechtsextremen. Unsere Jugendlichen sind auf Orientierungssuche – und dabei auch rechter Orientierung gegenüber offen.
Und im „akzeptierenden Ansatz“ wird das dann akzeptiert?
Es geht nicht darum, menschenfeindliche Einstellungen zu akzeptieren, sondern die Jugendlichen als ganze Persönlichkeiten zu sehen. Die politische Orientierung ist nur ein Teil davon. Wir reden miteinander – und dazu gehört eben auch diskutieren und konfrontieren.
Wie lassen sich Jugendliche darauf ein?
Der Kontaktaufbau ist langwierig. Mit dem moralischen Zeigefinger kann man nicht kommen bei problematischer Musik oder Äußerungen – diese Ablehnung sind die Jugendlichen gewöhnt. Wir müssen eher Interesse aufbringen: Was ist daran für dich interessant? Oft liegt hinter der Attraktivität von rechten Parolen ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit oder Anerkennung. Diese Bedürfnisse anders zu befriedigen ist der nächste Schritt. Wir bringen die Cliquen etwa in Kontakt mit Gruppen aus anderen Teams, mit Punks oder Jugendlichen mit Migrationshintergrund.
Im Vortrag soll es nicht nur um die Risikogruppen gehen, sondern auch um Primärprävention. Was heißt das?
Vortrag „Akzeptierende Jugendarbeit ...“ mit Dennis Rosenbaum und Anne Cathrin Winkelmann, Campus Neustadtswall, SI-Gebäude, Raum SI 358, 15.45 Uhr
Unsere Arbeit hat sich in den vergangenen Jahren verändert, auch weil rechte Cliquen nicht mehr so offensichtlich im öffentlichen Raum auftreten – das hat sich vielleicht eher ins Netz verlagert. Gleichzeitig ist klar: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ist auch in der Mitte der Gesellschaft weit verbreitet. Deshalb arbeiten wir auch mit Jugendlichen, die keine rechten Auffälligkeiten haben, da geht es um Sensibilisierung und Demokratiebildung.
Und warum reden Sie von einem Spannungsfeld zwischen beiden Ansätzen?
Es gibt viele Stimmen, die die akzeptierende Arbeit mit Risikogruppen ablehnen, Primärprävention ist verbreiteter. Für uns besteht zwischen beiden Ansätzen aber kein Widerspruch, man kann die Cliquen auch nicht klar trennen. Eine Schwierigkeit dafür, beide Ansätze parallel zu fahren, ist aber die Ausstattung mit Ressourcen: Zu dritt haben wir hier im Team 1,5 Stellen für ganz Bremen.
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