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Prognose zur EU-Wahl in ÖsterreichÖVP deutlich vorn

Laut Prognosen hat die ÖVP des österreichischen Kanzlers Kurz einen fulminanten Sieg eingefahren. Nur mild abgestraft wurde die FPÖ.

Die ÖVP ist nach ersten Berechnungen mit rund 34,5 Prozent der Stimmen klarer Wahlsieger Foto: dpa

Wien taz | Der große Profiteur der innenpolitischen Turbulenzen in Österreich heißt der ersten Trendprognose zufolge Sebastian Kurz. Seine ÖVP ist nach Berechnungen von Meinungsforschungsinstituten mit rund 34,5 Prozent der Stimmen klarer Wahlsieger. Sie gewinnt 7,5 Prozentpunkte und zwei Abgeordnete (bisher 5) dazu.

Nur milde abgestraft wurde die FPÖ, deren zurückgetretener Parteichef Heinz-Christian Strache die derzeitige Regierungskrise in Österreich ausgelöst hatte. Vorausgegangen war die Veröffentlichung eines 2017 heimlich auf Ibiza gedrehten Videos, das Strache dabei zeigt, wie er einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte für Wahlkampfhilfe erhebliche wirtschaftliche Vorteile in Aussicht stellt. Doch der Verlust gegenüber 2014 hielt sich mit 17,5 statt 19,7 Prozent in Grenzen.

Die FPÖ verliert nur eines ihrer bisher drei Mandate. Mit ihrem Jetzt-erst-recht-Wahlkampf konnte sie offensichtlich ein Debakel abwenden. Gegenüber der Umfragen, die Hoffnungen auf einen zweiten Platz vor der SPÖ gemacht hatten, ist das Ergebnis aber ernüchternd. Spitzenkandidat Harald Vilimsky zeigte sich begeistert und sprach von einer „Sensation nach so einem heimtückischen Manöver aus Deutschland“. Das Ergebnis zeige, „wie hoch in Wahrheit unser Stammwählerpotential ist“.

Nicht vom Ibiza-Skandal profitieren konnte die oppositionelle SPÖ, die ihr bescheidenes Ziel eines Zuwachses verfehlte und von ihren 24 Prozent noch einen halben Prozentpunkt abgeben musst. Parteimanager Thomas Drozda hoffte bei Redaktionsschluss noch auf die Briefwahlstimmen, bei denen die Sozialdemokraten traditionell gut abschneiden.

Als zweiter Sieger können sich die Grünen fühlen, obwohl sie mit 13,5 Prozent einen Prozentpunkt und ein Mandat verlieren. Ein gutes Ergebnis in Europa ist für sie nach dem Rausflug aus dem Nationalrat eine Überlebensfrage. Dass sie die 14,5 Prozent und drei Abgeordneten von 2014 nicht halten können, war allen klar. Aber zwei Mandate sind ein starkes Signal.

ÖVP fuhr eine Zweimarkenstrategie

Neben Parteichef Werner Kogler, der argumentativ oft überzeugen konnte, dürfte die populäre Fernsehköchin Sarah Wiener zusätzliche Wähler mobilisiert haben. Außerdem haben die grünen Themen wie Klimaschutz wieder Konjunktur. Viele Sympathisanten, die bei der Nationalratswahl 2017 taktisch SPÖ gewählt hatten, sind dem Ruf „Zurück zu den Grünen!“ gefolgt.

Wenn sich nicht mit dem altgedienten Ex-Europa-Abgeordneten Johannes Voggenhuber ein politisch Gleichgesinnter um ein Mandat beworben hätte, wäre das Ergebnis wohl noch besser ausgefallen. Er trat für die Liste Europa an, die zur Partei des abtrünnigen Grünen Peter Pilz gehört. Seine zwei Prozent reichen nicht für ein Mandat.

Während die grünen Themen auf zwei Parteien verteilt waren, fuhr die ÖVP eine Zweimarkenstrategie innerhalb einer Partei. Den verdienten Otmar Karas, der sich in drei Perioden im EU-Parlament zum glühenden Europäer entwickelt hat, konnte Sebastian Kurz nicht übergehen. Aber als Nummer zwei setzte er ihm mit Karoline Edtstadler, derzeit Staatssekretärin im Innenministerium, eine Frau aus dem eigenen Fan-Klub an die Seite.

Mit dieser Personalie zwang Kurz den ungeliebten Karas, auch ÖVP-Wähler zu mobilisieren, die den derzeitigen Kurs der Partei nicht goutieren. Karas steht für die alte, die christlichsozial orientierte ÖVP, die von Kurz entmachtet worden war. In den Debatten zog es Karas meist vor, über seine eigene Arbeit in der EU zu reden, statt die oft gegensätzliche Position von Kurz zu verteidigen.

Enttäuscht waren die liberalen Neos, die mit Claudia Gamon nicht nur die einzige Frau in der Riege der aussichtsreichen Spitzenkandidaten ins Rennen geschickt hatten. Als Einzige warb sie für die Vereinigten Staaten von Europa und eine Vertiefung der Union, die auch mit einer eigenen Armee unabhängig von der Nato werden soll. Acht Prozent und ein Mandat heißt Stagnation.

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