Digitalisierung und Stadtentwicklung: Es googelt wieder

Google erweitert seine Berliner Zentrale und kauft dafür ein Haus in Mitte. Aktivisten fürchten Gentrifizierung durch Tech-Unternehmen.

Der Johannishof in Mitte zwischen Friedrichstadtpalast und Tacheles Foto: Volkan Ağar

Google gibt Berlin nicht auf. Der Konzern hat zwar seine Campus-Pläne in Kreuzberg aufgegeben, in Berlin-Mitte nun aber ein neues Bürogebäude gekauft. Das gab Google am Sonntag bekannt.

Der Johannishof in der Johannisstraße 20–21, 1910 als Zigarettenfabrik erbaut und später Hotel und DDR-Gästehaus, liegt nur wenige hundert Meter von der Google-Zentrale in der Tucholskystraße entfernt, die erst im Januar eröffnet wurde. „Unsere Investition ist ein neuerliches Bekenntnis Googles zum Standort Berlin“, erklärte Ralf Bremer, Google-Sprecher in Berlin. Wie viel Google für das Haus gezahlt hatte, wollte er der taz nicht verraten.

Als der Tech-Konzern im Oktober vergangenen Jahres bekannt gegeben hatte, dass im Kreuzberger Umspannwerk doch kein Google-Campus entstehen soll, feierten Gentrifizierungsgegner dies als Erfolg ihres Protests. Das Gebäude hat Google an die Spendenplattform Betterplace und die Sozialgenossenschaft Karuna übergeben. Will der Konzern seine Pläne, die er in Kreuzberg nicht umsetzen konnte, nun in Mitte verwirklichen?

Das dementiert Google-Sprecher Bremer: „Mit dem Google-Campus hat das neue Haus in Mitte gar nichts zu tun“, sagt er der taz. Das Haus sei vielmehr als Erweiterung der Zentrale in der Tucholskystraße 2 vorgesehen. Dort arbeiten aktuell 140 Personen. Laut Bremer wachse die Belegschaft und es sei absehbar, dass der Raum bald nicht mehr reichen werde.

So sollen im neuen Haus nicht etwa Gründer und Start-ups untergebracht werden, wie dies im geplanten Google-Campus vorgesehen war und in Städten wie London, Tel Aviv oder Warschau der Fall ist. Im Johannishof sollen Teams aus dem bereits bestehenden Haus und Bereichen wie etwa Marketing, Software-Engineering oder ­Sales Platz finden, insgesamt mehrere Hundert Mitarbeiter.

Für Konstantin Sergiou von der Mieterinitiative „Bizim Kiez“, Teil des Bündnisses „No Google Campus“, ist das „neuerliche Bekenntnis“ von Google „Teil eines laufenden Prozesses“. Gentrifizierung durch Tech-Unternehmen sei in Berlin mit der Aufgabe der Campus-Pläne nicht vom Tisch.

Gegen die Campus-Pläne und gegen die Eröffnung der Zentrale in der Tucholskystraße wurde protestiert, um das Haus in der Johannisstraße bleibt es bisher still. Aktivist Sergiou sagt, dass der Begriff „Digitalisierung“ weiter politisiert werden und seine Auswirkungen auf Stadtentwicklungspolitik mitgedacht werden müsse – aber ohne in Tech-Feindlichkeit zu verfallen. Darüber werde derzeit im Umfeld von „No Google Campus“ diskutiert. „Es muss Wissen darüber kultiviert werden“, sagt er der taz. Wie Stadtentwicklung und Digitalisierung zusammenhingen, so Sergiou, sehe man am Beispiel von Toronto. Die Google-Schwester „Sidewalk Labs“ will hier einen Hightech-Stadtbezirk mit 3.000 Wohneinheiten bauen.

Ralf Bremer, Google-Sprecher

„Unsere Investition ist ein neuerliches Bekenntnis zum Standort Berlin“

Google bezeichnet Deutschland als eine seiner „Kernregionen“. Bisher beschäftigt der Konzern bundesweit über 1.400 Mitarbeiter an vier Standorten: neben den bislang 140 Personen in Berlin arbeiten 600 in Hamburg, 700 in München und 50 in Frankfurt am Main für Google.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.