Fridays for Future: Klimastreik in 126 Ländern
Auch in 300 deutschen Städten fordern Hunderttausende, die EU-Wahl zur Klimawahl zu machen. Immer mehr Erwachsene schließen sich den SchülerInnen an.
In Berlin scheint das gelungen zu sein. Rund 17.000 Menschen – weniger als beim Besuch der Schulstreik-Initiatorin Greta Thunberg im März, aber mehr als die erwarteten 10.000 – versammeln sich mittags vor dem Brandenburger Tor, und der Altersdurchschnitt scheint höher als zuvor: Krankenhaus-Angestellte erscheinen in weißen Arztkitteln, Rentnerinnen mit Plakaten, auf denen „Omas for Future“ steht. Studierende verschiedener Berliner Universitäten beteiligen sich mit einem großen eigenen Block. „Wir sind bisher viel zu passiv gewesen“, ruft eine Studentin von der Bühne, „wir müssen zurück auf die Straße.“
Auch zahlreiche WissenschaftlerInnen unterstützen die Proteste wieder. Unter ihnen ist der Potsdamer Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Er geht in seiner Rede auf das viel diskutierte Video des YouTubers Rezo ein – und stellt klar: „Was Rezo zum Klima sagt, ist wissenschaftlich korrekt.“
Auch in Hamburg hat es Tausende Schüler nach draußen getrieben. Schon um 10 Uhr sind die Straßen rund um den U-Bahnhof St. Pauli voll. Parents, Scientists und andere erwachsene Unterstützer der „Fridays For Future“-Proteste sieht man hier weniger, stattdessen eine Jugend, die mit Hunderten Pappschildern ihrem Unmut Luft macht. Und das durchaus radikal. „System change, not climate change“, ruft die Menge.
Nach einer Rede, die den Neoliberalismus für die Klimakrise, aber auch für das Verschwinden zwischenmenschlicher Solidarität anklagt, geht es los. Als die Demo ihre Zwischenkundgebung am Gänsemarkt erreicht, schätzt die Polizei bereits 17.000 TeilnehmerInnen, etwa doppelt so viele wie bei der bislang größten Hamburger Fridays-for-Future-Demo Mitte März; die VeranstalterInnen sprechen später von 25.000 Menschen. Während am Rande kaum ein CDU-Plakat unverschont von ergänzenden Botschaften bleibt, lebt die Hoffnung auf die Europawahl am Sonntag. „Geht wählen“, fordert ein Schüler in seiner Rede – „und zwar eine Partei, die sich für Klimaschutz einsetzt“.
Allein in Deutschland beteiligten sich nach Angaben der VeranstalterInnen über 300.000 Menschen an den Protesten. Und das macht auf die deutsche Politik offenbar zunehmend Eindruck: „Es geht nicht, dass man Vereinbarungen trifft, und sie dann nicht erfüllt“, sagte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Es ist gut, dass die jungen Leute Druck machen.“
Den DemonstrantInnen genügen solche Worte aber nicht. „Wir werden von allen Seiten gelobt“, sagte Mitorganisatorin Luisa Neubauer in Berlin. „Die hoffen wohl, dass wir dann Ruhe geben, aber das wird nicht passieren.“ Notwendig seien nicht Worte, sondern Taten, so Neubauer: „Wir brauchen ein EU-Parlament, das angesichts der größten Krise der Menschheit die Ärmel hochkrempelt.“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Polarisierung im Wahlkampf
„Gut“ und „böse“ sind frei erfunden
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlverhalten junger Menschen
Misstrauensvotum gegen die Alten
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt