Wahlkampf an der Haustür

Die Linke geht in Bremen gezielt in die Stadtteile mit geringer Wahlbeteiligung

Von Lotta Drügemöller

Es ist das Jahr 2015, Bremen wählt seine Bürgerschaft. Genauer: Halb Bremen wählt seine Bürgerschaft. Nur 50 Prozent der Wahlberechtigten gaben vor vier Jahren ihre Stimme ab. Vor allem der Osterholzer Ortsteil Tenever kam in die Schlagzeilen: Hier waren es nur 31,8 Prozent. Aber auch in der Vahr und in Gröpelingen lag die Wahlbeteiligung nur zwischen 34 und 38,8 Prozent. Es sind, wie immer und überall, die abgehängten Stadtteile, in denen eine Mehrheit der Menschen ihr Wahlrecht nicht ausübt – und den Parteien so noch mehr Anlass gibt, sie links liegen zu lassen.

Dort, links nämlich, erhebt allerdings eine Partei den Anspruch, genau diese BürgerInnen anzusprechen. „An manchen Orten erwarten die Menschen seit Jahrzehnten nichts mehr von der Politik“, sagt Kristina Vogt, Spitzenkandidatin der Linken. „Ich sehe es als unseren Auftrag als Linke, solche Stadtteile nicht allein zu lassen.“

In Tenever mietete die Partei gleich 2015 ein Büro an. „Wir wussten, beim nächsten Mal können wir nicht erst kurz vor der Wahl anfangen, die Menschen anzusprechen“, sagt der Bürgerschaftsabgeordnete Cindi Tuncel. Parteimitglieder verteilten Flyer und redeten mit BewohnerInnen über Demokratie. „Für uns ändert sich eh nichts“, hörten sie dabei oft. Nicht alle, die so dachten, hatten nicht gewählt – viele hatten ihre Stimme auch der AfD gegeben.

BürgerInnen machen auf

Seit Monaten verbringt Tuncel deshalb seine Wochenenden im Häuserwahlkampf, klingelt an fremden Türen, stellt das Linken-Wahlprogramm vor und erklärt, welche anderen Parteien er für demokratisch hält. „Je mehr Leute wählen gehen, desto geringere Chancen haben die Rechten“, hofft er. Meistens, so Tuncel, lassen die BürgerInnen die Wahlkämpfer tatsächlich herein. Der Weg ist dennoch mühsam: Durchschnittlich zehn bis 20 Leute erreiche er in zwei bis drei Stunden. „Wenn man irgendwo Tee trinken muss, sind es natürlich weniger.“ Allein Tenever hat 6.000 Wahlberechtigte, die zu Hause besucht werden könnten.

Die Linke, immerhin, hatte 2015 von den wenigen Stimmen in Tenever nicht wenige eingesackt: 16 Prozent holten sie im Ortsteil, 7 Prozentpunkte mehr als im Durchschnitt. Allein aus strategischen Gründen sind die begrenzten Wahlkampfressourcen Zeit und Geld hier also sinnvoll angelegt.

Vogt selbst ist vor allem in Gröpelingen aktiv, obwohl die Linken-Wählerquote zuletzt in Walle höher war. Zuhören sei dabei wichtig, sagt sie, reiche aber nicht aus. Auch Erfolge müssten gelegentlich her. Zwar seien in der Opposition die Möglichkeiten beschränkt, „aber wir können schon was tun“. So habe sie den Wunsch der Schulleiter aus Gröpelingen ins Parlament getragen, für ihre Mehrarbeit als Schulleiter anderswo entlastet zu werden. „Jetzt endlich hat der Senat das aufgegriffen.“