heute in hamburg: „Diffamierung wird zur Normalität“
Gabriela Lünsmann, 51, die Anwältin hat eine Kanzlei in Hamburg und sitzt im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands.
Interview Julika Kott
taz: Frau Lünsmann, welche Feindbilder werden mit dem Begriff Genderwahn erzeugt?
Gabriela Lünsmann:Der Begriff Genderwahn wird schon seit den Diskussionen über die Lehrpläne von Menschen aus dem rechtspopulistischen Umfeld genutzt. Es geht ihnen darum, unterschiedliche geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen zu diffamieren und alle Impulse in Richtung einer fortschrittlichen Entwicklung sprachlich abzuwerten.
Wie wird die Diffamierung denn sichtbar?
Das rechtspopulistische Lager versucht beispielsweise immerzu zu verhindern, dass eine unvoreingenommene Aufklärung in die schulischen Bildungspläne aufgenommen wird. Zum Beispiel die Aufklärung über verschiedene Lebens- oder Familienformen, sexuelle Orientierungen und geschlechtliche Identitäten. Damit wird sichergestellt, dass ausschließlich ein klassisches, traditionelles Familienbild vermittelt wird. Dazu gehört weiterhin die Vermittlung eines binären Geschlechterbildes von Mann und Frau, mit den jeweiligen Rollenzuweisungen.
Welche Konsequenzen hat das?
Das verhindert, dass Kindern und Jugendlichen diese Informationen zur Verfügung gestellt werden. Und damit wird ihnen auch die Möglichkeit genommen, mit diesen Informationen in ihrer eigenen Entwicklung gut zurechtzukommen.
Die Bezirksversammlung Altona hat Maßnahmen für eine geschlechtergerechte Verwaltungssprache gefordert. Bringt das was?
Podiumsdiskussion „Alles Genderwahn!? –rechtsextremistische und rechtspopulistische Angriffe auf LSBTI* in der Welt“: 19 Uhr, Zentralbibliothek
Es ist es schon ein Unterschied, ob ich nur mit gemeint bin oder ob ich ausdrücklich mit angesprochen werde. Ganz besonders gilt das für trans- oder intergeschlechtliche Menschen. Sprachliche Diffamierungen, die regelmäßig im politischen Diskurs auftauchen, werden zu einer Form von Normalität. Das gilt es zu verhindern. Sprache beeinflusst das Bewusstsein und deshalb ist gerade bei öffentlichen Institutionen eine Veränderung in der Sprache sehr wichtig.
Am 17. Mai findet zum Internationalen Tag der Homo-, Trans- und Biphobie am Rathausmarkt ein Rainbow-Flashmob statt. Was soll damit erreicht werden?
Da wollen wir auf die Situation von Lesben, Schwulen, bisexuellen, trans- und intersexuellen Menschen aufmerksam machen. Und so eine Sichtbarkeit für Alltagsdiskriminierung, Hassreden und -Kriminalität in der Öffentlichkeit schaffen.
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