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Ein Freispruch sieht anders aus

US-Präsident Donald Trump bleibt dabei, dass ihn der Bericht des Sonderermittlers Robert Mueller vollständig entlaste. Seit Donnerstag ist der Bericht öffentlich – und lässt Trump nicht gut aussehen

Aus New York Dorothea Hahn

Donald Trump macht eine erbärmliche Figur. Die 448 Seiten des lange erwarteten Berichtes von Sonderermittler Robert Mueller, die am Donnerstag veröffentlicht wurden, beschreiben den Präsidenten als verlogen, korrupt und intrigant. Sie belegen zahlreiche Kontakte seines Wahlkampfteams mit russischen Agenten sowie seine Hoffnung, dass Moskauer „Dreck über Hillary“ ihm zum Wahlsieg verhelfen könnte. Und sie zeigen, dass der Trump selbst auf dem Höhepunkt seines Wahlkampfs noch versuchte, eine Genehmigung für den Bau eines „Trump Tower“ in Moskau zu erwirken.

Darüber hinaus listet der Bericht Details aus zehn Situationen auf, in denen der US-Präsident versucht hat, die Justiz seines Landes zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Zusätzlich bestätigt er im Klartext, was Trump im Beisein von Wladimir Putin in Helsinki bestritten hatte: dass die russische Regierung mit Hacking und Kampagnen in den sozialen Medien zugunsten von Trump in den US-Präsidentschaftswahlkampf eingegriffen hat.

Dennoch reagierte Trump mit Triumphgeheul. „Totale Entlastung“ tweetete er, nachdem der stellenweise gekürzte Untersuchungsbericht online stand. „Dies ist ein guter Tag für mich“, sagte er Stunden später bei einer Begegnung mit Kriegsveteranen im Weißen Haus: „Keine geheimen Absprachen, keine Justizbehinderung.“

„Das ist das Ende meiner Präsidentschaft – ich bin fucked“

Donald Trump zu Beginn der Mueller-­ Ermittlungen im Frühjahr 2017

Diese Reaktionen kontrastieren krass mit denen im Frühling 2017, als der US-Präsident erfuhr, dass Ex-FBI-Chef Mueller den Auftrag erhalten hatte, über russische Einmischungen im US-Wahlkampf zu ermitteln und – so der Mueller-Bericht – in seinem Sessel zusammensackte. „Er sagte: „Das ist das Ende meiner Präsidentschaft [Ü]. Ich bin fucked“, heißt es in dem Bericht.

Bis zum allerletzten Moment der Mueller-Ermittlungen machte Trump Druck. Dazu gehörte auch die Anwerbung von William Barr als neuem Justizminister. Nachdem Mueller seinen Abschlussbericht Ende März vorgelegt hatte, behielt Barr ihn mehr als drei Wochen lang unter Verschluss, um den Inhalt auf die Top-Secret-Stellen zu durchsuchen und sie zu zensieren. Selbst am Donnerstag nutzte Barr seine Position noch aus, um den US-Präsidenten von jedem Verdacht freizusprechen. Barr inszenierte am frühen Morgen eine Pressekonferenz, bei der er der Einzige war, der den Bericht kannte. Anschließend ließ er sieben Minuten lang Fragen zu. Als ein Journalist wissen wollte, ob es angemessen sei, dass der Justizminister die Debatte beeinflusse, drehte Barr sich um und verließ wortlos den Raum. Eineinhalb Stunden später, als der Bericht online gestellt wurde, konnten viele in den USA glauben, sie müssten ihn nicht mehr lesen, weil er ein Freispruch sei.

Der Weg von Trumps Panik zu Beginn der Sonderermittlungen bis zu seinem Glauben, dass er den Sieg bei den Präsidentschaftswahlen von 2020 dank Mueller in der Tasche habe, ist ebenso kurvenreich, wie die Ermittlungen selbst es sind. Der US-Präsident hat vielfach versucht, die Russlandermittlungen zu sabotieren. Am Anfang feuerte er seinen FBI-Chef James Comey, als dieser ihm keinen Persilschein gab. Anschließend drohte er Sonderermittler Mueller mit Entlassung und forderte auch immer wieder hochrangige Mitarbeiter im Weißen Haus dazu auf, diese Aufgabe für ihn zu erledigen. Laut Mueller lehnten das Trump-Mitarbeiter reihenweise ab – im Rückblick ein Glück für Trump.

Am Ende stellte Mueller trotz allem fest, dass es weder eine Verschwörung noch eine Zusammenarbeit zwischen Trump und Moskau gegeben habe. In Sachen Justizbehinderung hingegen blieb Mueller ambivalenter: „Wenn wir sicher wären, dass der US-Präsident keine Justizbehinderung begangen hat, würden wir das schreiben.“ Er fügte hinzu, dass „die Fakten“ und die „legalen Standards“ eine solche Entlastung nicht erlauben. Zusätzlich öffnete er eine Tür für weitergehende Ermittlungen durch den US-Kongress. Mueller: „Unsere Verfassung macht das möglich.“

Eine „Entlastung“ – und erst recht eine „totale Entlastung“ – sieht anders aus. Aber für die Demokratische Partei ist das kein Sieg. Nachdem sie seit Beginn der Trump-Präsidentschaft auf Sonderermittler Mueller gesetzt hatte, ist sie nun wieder auf sich selbst gestellt. Ihr Problem: Sie ist gespalten. Die Progressiven wollen ein Amtsenthebungsverfahren wegen Justizbehinderung gegen den Präsidenten. Die Zentristen wollen Mueller vor ihre Ausschüsse laden. Und wieder andere glauben, dass es an der Zeit ist, die russische Einmischung ad acta zu legen und wieder Politik zu machen.

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