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Klimawandel lässt die Getreideernte sinken

Heiße Sommer in Europa führen zu geringeren Erträgen. Bauern können weltweiten Bedarf nicht mehr decken. Noch sind die Lager gut gefüllt. Aber die Brotpreise steigen bereits

Von Kai Schöneberg

Zum zweiten Mal in diesem Jahrzehnt wird die weltweite Getreideernte nicht reichen, um den Bedarf zu decken. Das erwarten sowohl die UN-Welternährungsorganisation (FAO) in Rom als auch der Internationale Getreiderat (IGC) in London. Sie schätzen, dass im Agrarjahr 2018/19 knapp 30 Millionen Tonnen mehr verbraucht als geerntet werden. Die erwartete Gesamternte rund um den Globus ist ungleich höher: Die UN-Experten beziffern sie auf fast 2,66 Milliarden Tonnen.

Eine unterm Strich schlechtere Getreideernte bedeutet nicht, dass automatisch weltweit Hungersnöte drohen: Die Lagerhäuser und Speicher rund um den Globus sind immer noch gut gefüllt, zudem stieg die Getreideproduktion zuletzt kräftig an. Bei dieser Entwicklung spielt für Experten vor allem die weltweit wachsende Nachfrage nach Fleisch und Fleischprodukten eine wichtige Rolle.

„Die Wahrheit ist einfach: Die Menschen wollen mehr Fleisch essen, damit brauchen wir Getreide“, sagt Klaus-Josef Lutz, Chef der Baywa, Europas größtem Händler von Agrarrohstoffen. Je nach Schätzungen sind zur Produktion von 1 Kilo Fleisch zwischen 3 und 9 Kilo Getreide nötig. Mit allen negativen Folgen für Flächenfraß und Klimawandel.

Die globale Fleischproduktion hat sich dennoch in den letzten fünfzig Jahren fast vervierfacht. Die Gründe für die steigende Produktion: In vielen Schwellenländern verlangen die Menschen zunehmend „western diet“ wie Burger, Steaks und Schnitzel. Zudem nimmt dort die Bevölkerung rasant zu.

Das letzte globale Getreide-Defizit gab es im Agrarjahr 2012/13, als die US-Farmer unter den Folgen einer mehrjährigen Trockenheit litten. Eine wichtige Ursache des aktuellen Rückgangs ist die Dürre der vergangenen Jahre vor allem in der EU und in Russland.

„Klimatische Kapriolen machen es uns schwer“

Klaus-Josef Lutz, Baywa

Neben vielen Experten vermutet auch Baywa-Vorstandschef Lutz, dass sich hier der Klimawandel bemerkbar macht: „Das ist das dritte und vierte Jahr in Folge, dass klimatische Kapriolen uns das Geschäft schwer machen.“ Allein 2018 fiel die europäische Getreideernte dürrebedingt um 6 Prozent niedriger aus als im Vorjahr. „2018 war nicht der Ausreißer“, sagt Lutz dazu. In Deutschland litten im vergangenen Jahr vor allem Bauern im Norden und Osten unter der Dürre. Die Getreideernte war katastrophal: Bundesweit lag sie 16 Prozent unter dem Mittel der drei Jahre davor. Die Bundesregierung subventionierte die Landwirte deswegen mit Millionenhilfen.

In Europa sind die Folgen des knappen Weizens insgesamt bereits zu spüren: Die Erzeugerpreise für Lebensmittel – also die Preise, die die Hersteller verlangen – sind laut Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie im Januar und Februar im Vergleich zum Vorjahr kaum gestiegen. Doch bei Brot und Getreideerzeugnissen legten die Erzeugerpreise in Deutschland gleich um 6,3 Prozent zu, wie der Verband mitteilte. Auch 2018 gab es bei Brot und Getreideprodukten größere Preiserhöhungen als bei Lebensmitteln im Schnitt.

Allerdings sind die Getreidepreise nicht der einzige Grund, warum Brot und Brötchen teurer werden. Die höheren Kosten seien zu spüren, aber „nicht so krass“, heißt es beim Verband Deutscher Großbäckereien. Er nennt vor allem Lkw-Maut, höhere Löhne und gestiegene Hygiene- und Qualitätsstandards als Kostentreiber. (mit dpa)

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