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Stark beim Stresstest

Das deutsche Frauenfußball-Nationalteam überzeugt unter Martina Voss-Tecklenburg auch in Schweden. Gegen Japan geht es nun um die Feinheiten

Von Frank Hellmann

Die Hotel-Residenz Klosterpforte ist längst so etwas wie eine zweite Heimat für die deutsche Frauen-Nationalmannschaft geworden. Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat viele neue Ansätze eingebracht, doch diese alte Gepflogenheit nicht geändert. Die schon von Vorgängerin Steffi Jones geschätzte Kraftquelle im ostwestfälischen Harsewinkel ist Basisquartier für eine wichtige Vorbereitungsphase der DFB-Frauen auf die WM in Frankreich (7. Juni bis 7. Juli), wobei die ersten Stresstests einen ausgesprochen guten Eindruck hinterlassen.

Der 2:1-Sieg beim WM-Teilnehmer Schweden fügte sich in das Bild vom 1:0 beim WM-Gastgeber Frankreich: Der Olympiasieger hat wieder einen klaren Plan, gefällt durch gute Organisation und beeindruckt durch große Leidenschaft. Der Weg zurück in die Weltspitze könnte kürzer sein als gedacht. „Ich bin sehr stolz. Ich freue mich für die Entwicklung des Teams, denn das sind genau die Spiele, die wir brauchen“, sagte Voss-Tecklenburg, die nach Abpfiff des Kräftemessens vor 25.882 Zuschauern im Natio­nalstadion von Solna – Rekord für den schwedischen Fußball – zweimal kräftig durchpustete.

„Wir haben es noch unnötig schwer gemacht, aber wir müssen ja noch Themenfelder haben, an denen wir arbeiten können“, befand die 51-Jährige. Der Taktgeberin vom Niederrhein, beheimatet in Straelen, wo ihre frühere Lebenspartnerin Inka Grings gerade als Trainerin beim SV Straelen, dem Klub ihres Mannes Hermann Tecklenburg, eingestiegen ist, scheint ihre Energie auf die Spielerinnen übertragen zu können. Und mit ihrem empathischen Ansatz ist sie ohnehin vom ersten Tag an durchgedrungen, zumal sich bei ihr und ihrem Trainerteam – anders als unter Jones – wieder Fachwissen bündelt.

„Wir haben defensiv gut gestanden, offensiv gute Spielzüge gezeigt, es uns am Ende aber unnötig schwer gemacht“, fasste Kapitänin Alexandra Popp an ihrem 28. Geburtstag treffend zusammen. Das zweite Geburtstagskind, die ein Jahr jüngere Kathrin Hendrich, beschenkte sich mit dem Führungstreffer (51.), dem die ebenfalls eingewechselte Linda Dallmann das 2:0 folgen ließ (65.), ehe Carolin Seger (72./Foulelfmeter) verkürzte. Ein Sonderlob verdiente sich Dzse­nifer Marozsán, monatelang nach dem Sommer wegen einer Lungenembolie außer Gefecht, die sich in Sachen Einsatz zum Vorbild aufschwang. „Sie hat herausragend für uns agiert“, lobte Voss-Tecklenburg, die ihre Spielmacherin von der Bürde der Kapitänin befreit hat.

„Wir müssen ja noch Themenfelder haben, an denen wir arbeiten können“

Voss-Tecklenburg ist froh über Fehler

Wegen einiger Absagen und Ausfälle kam sogar die 17-jährige Lena Sophie Oberdorf (SGS Essen) zum Debüt. Ein echter Lichtblick war in einer neuen 3-4-3-Grundordnung die erst 19-jährige Giulia Gwinn (SC Freiburg), womit Voss-Tecklenburg demonstrierte, dass sie durchaus über Alternativen im Nachwuchs verfügt. Nun gilt es, bis zum WM-Turnier die richtige Mischung zu finden. Insofern kommt dem Heimdebüt der Bundestrainerin am Dienstag (16 Uhr/live ZDF) in Paderborn gegen Vizeweltmeister Japan eine große Bedeutung zu.

Es gilt zum einen, gegen einen hochkarätigen Gegner vielleicht sogar das dritte Ausrufezeichen zu setzen, womit Deutschland sich automatisch in den Kreis der engeren Titelanwärter katapultieren würde. Zum anderen ist es die letzte Gelegenheit, noch einmal Eindrücke unter Wettkampfbedingungen für die WM-Nominierung zu sammeln, denn bereits am 14. Mai will die gebürtige Duisburgerin ihr 23er-Aufgebot bekannt geben.

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