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Geld für kranke Knackis

Jobcenter müssen bei Haftunterbrechung Hartz IV gewähren, urteilt Niedersachsens Landessozialgericht

Während des Klinikaufenthaltes ist der Kläger kein Strafgefangener

Strafgefangene können nach einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen während einer Haftunterbrechung durch einen Krankenhausaufenthalt Hartz-IV-Leistungen beziehen. Zwar hätten sie während der Haft grundsätzlich keinen Anspruch, da sie im Gefängnis versorgt seien. Werde jedoch die Vollstreckung der Freiheitsstrafe für die Dauer einer stationären Behandlung unterbrochen, sieht das laut dem Urteil anders aus (Aktenzeichen L 11 AS 474/17).

Geklagt hatte ein 50-jähriger Langzeithäftling aus Südniedersachsen, der vor seiner Inhaftierung obdachlos war. 2016 wurde er herzkrank und brauchte eine Bypass-Operation. Krankenhausbehandlung und Reha dauerten insgesamt rund drei Wochen. Für diese Zeit forderte er Unterstützung ein, da er kein Geld und kaum Kleidung hatte, die er außerhalb der Haft tragen konnte. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab, da Leistungen für Strafgefangene gesetzlich ausgeschlossen seien. Der Kläger sei noch nicht entlassen und die Haft werde nach der Behandlung fortgesetzt.

Die RichterInnen sahen das anders: Während des Klinikaufenthaltes sei der Kläger kein Strafgefangener, urteilte das Landessozialgericht, denn die Haftzeit verschiebe sich insgesamt um die Dauer der Behandlung. Das Jobcenter müsse ihm die Sozialleistungen zahlen.

Aus Sicht des Gerichts spielt dabei keine Rolle, dass es nur um Leistungen für drei Wochen gehe. Das Sozialgesetzbuch kenne keine zeitliche Mindestgrenze der Hilfebedürftigkeit. Der Kläger müsse sich auch nicht die Vollverpflegung im Krankenhaus und der Reha-Klinik anrechnen lassen: Der Regelbedarf sei pauschaliert, eine individuelle Berechnung nicht vorgesehen. (epd)

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