Überwachungskamera in der Cola-Flasche: Die Polizei gibt Zuschauen zu
Nachdem die Observation eines linken Wohnprojekts in Hamburg aufgeflogen war, teilt der Hamburger Senat mit, dass das LKA dahintersteckt.
„Die Maßnahme diente der Unterstützung der personenbezogenen Observation“ in einem „noch laufenden gefahrenrechtlichen Ermittlungsverfahren des Landeskriminalamtes“, teilt die Landesregierung mit. „Von einer vollumfänglichen Beantwortung der Fragestellung“ wolle man daher absehen, schreibt der Senat.
Nachdem die Überwachungsmaßnahme aufgeflogen war, hatten Polizei und Innenbehörde jede Stellungnahme verweigert. Die Fraktion der Linken in der Hamburger Bürgerschaft hatte deswegen eine Kleine Anfrage gestellt.
Am 6. Februar hatten Anwohner des Projektes mit ihren Anwälten die Heimleitung mit ihrem Wissen um die Kamera in einem Dienstraum konfrontiert. Auf dem Fensterbrett im Raum 1.341 stand eine Cola-Flasche mit eingebauter Kamera, zur Tarnung neben einer weiteren Cola- und einer Limo-Flasche. Im dem Gespräch sagte der Heimleiter Hans-Jürgen Wilhelm, dass die Polizei bei ihm „wegen der Drogenproblematik im Schanzenpark angefragt“ habe. Vor diesem Hintergrund habe die Heimleitung der Installation zugestimmt, sagte Wilhelm der taz.
In seiner Antwort bestätigt der Senat nun, dass die Polizei die Maßnahme durchgeführt hat. Eine der vielen vom Senat nicht beantworteten Fragen ist, ob die Heimleitung über das Ziel der Observation getäuscht wurde. Hier verweist der Senat auf die Vorbemerkung zu den laufenden Ermittlungen.
Die Observation dauerte vom 7. Dezember bis zum 6. Februar. Nach der Enttarnung sei die Kamera noch am selben Tag abgebaut worden, heißt es in der Antwort auf die Linken-Anfrage. Aus Sorge um mögliche Rückschlüsse auf „operative Tätigkeiten“ möchte der Senat jedoch nicht einmal beantworten, ob die Kamera „ununterbrochen“ eingeschaltet war oder wie oft sie gewartet wurde. Auch zur Auswertung der Daten und zu Löschfristen sagt der Senat nichts.
„Unseren Alltag hat das selbstredend verändert. Ich weiß, dass ich in meinem privaten Bereich, in meinem Zimmer offensichtlich beobachtet werde“, hatte am Tag der Aufdeckung eine Bewohnerin des Projektes der taz gesagt. In der Antwort bestreitet der Senat nun, dass die Kamera „private Räume“ erfasst habe. Es seien ausschließlich „eine einzelne Haustür, sowie Teile des im Winkel der Kamera befindlichen öffentlichen Raumes“ beobachtet worden. Daten sollen zudem nicht mit dem Verfassungsschutz oder mit „dritten Stellen“ ausgetauscht worden sein. Nicht beantwortet hat der Senat die Frage, ob weitere Kameras auf das Gebäude gerichtet sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker