„Asbest-Strategie“: Die Menschen sterben weiter

Eigentlich soll der Senat eine Strategie zum Umgang mit Asbest in Wohngebäuden entwickeln – Teilen der Koalition geht das viel zu langsam.

Selbst auf der Deponie noch gefährlich: die ultrafeinen Asbestfasern Foto: dpa

„So geht das nicht weiter!“ Regelrecht aufgebracht war Georg Kössler (Grüne) bei der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz am Donnerstag: Es ging um Asbest. Und der „massive Missstand“, den der umweltpolitische Sprecher seiner Fraktion beklagte, geht seiner Meinung nach auf das Konto der eigenen Landesregierung. Die habe einen klaren Auftrag, wie mit dem gesundheitsgefährdenden Baustoff umzugehen sei, habe aber seit einem Jahr nicht mehr als ein paar Treffen am Runden Tisch zustandegebracht.

Der Hintergrund: Nach einigem Druck, der vor allem von Kösslers Fraktionskollegen Andreas Otto ausging, hatte das Abgeordnetenhaus im März 2018 den Senat aufgefordert, eine Strategie „Gesund und asbestfrei wohnen in Berlin“ zu erarbeiten. Dazu seien vier Dinge zu leisten: 1. eine Typologie asbestbelasteter Gebäude, 2. ein landesweites Register aller kontaminierten Gebäude, 3. eine Übersicht über Sanierungsstandards und 4. die Schaffung einer „zentrale Auskunfts- und Beratungsstelle Asbest auf Landesebene“, „an die sich Bürgerinnen und Bürger sowie Eigentümerinnen und Eigentümer zu allen Fragen zum Thema Asbest wenden können“.

Laut dem ersten Bericht an das Parlament, den der Senat im Juli 2018 vorlegte, war die federführende Senatsverwaltung für Bauen und Wohnen „dabei, ein Arbeitsgremium einzurichten“, in dem VertreterInnen aller betroffenen Verwaltungsebenen die „relevanten Fach-, Sach- und Zuständigkeitsfragen“ klären sollen. Zwar ist dieser Bericht schon ein gutes halbes Jahr alt, aber Kössler und seine KollegInnen wollen erfahren haben, dass sich seitdem nichts Substanzielles verändert hat.

„Da sterben Menschen!“

Insbesondere wurmt die Grünen, dass es immer noch keine Anlaufstelle für betroffene BürgerInnen gibt, die oft nicht wissen, an wen sie sich bei einem Verdacht auf Asbest in ihren Wohnräumen mit ihren Sorgen wenden sollen – keine Hotline, noch nicht einmal eine Website wurde eingerichtet. „Die Leute werden hin- und hergeschickt wenn ihnen das Asbest schon durch die Lungen weht“, so Kössler. „Das ist einer Stadt wie Berlin unwürdig!“

Wieso man mit einer Ausstattung von 300.000 Euro in 2018/19 nicht mehr zustande gebracht habe, sei „völlig unklar“. Rückendeckung bekam Kössler von SPD-Mann Daniel Buchholz, der den Bearbeitungsstand durch den Senat „absolut ungenügend“ nannte. Denn: „Durch Asbest sterben Menschen!“

Der anwesende Umweltstaatssekretär Stefan Tidow (Grüne) versprach, das Thema im Senat anzusprechen, verwies aber auf seine fehlende Verantwortlichkeit. Seine Verwaltung sei zwar an dem Arbeitsgremium „mit Rat und Expertise“ beteiligt, die Leitung liege aber bei der Bauverwaltung – die bekanntlich von der Linken Katrin Lompscher geführt wird. Der wollen die Grünen jetzt auch im Ausschuss für Stadtentwicklung gehörig Druck machen.

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