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Punktesieg für Mietrecht-Start-up

Die Rechtsanwaltskammer Berlin verliert gegen Legal-Tech-Firma, behält sich aber Berufung vor

Die Rechte von Mietern gegenüber Vermietern „einfach, online und ohne Risiko“ durchzusetzen, klingt wie ein sinnvolles Angebot. Mit diesen Worten wirbt die Mietright GmbH für ihren Dienst wenigermiete.de. Nutzer können dort zu ihrer Wohnung und zu ihrem Mietvertrag Daten eingeben, ein Programm errechnet dann, ob die Miethöhe zum Beispiel gegen die Mietpreisbremse verstößt. Ist dem so, übernimmt wenigermiete.de ihre Durchsetzung gegenüber dem Vermieter – auch vor Gericht. Zahlen müssen Nutzer nur im Falle einer erfolgreichen Mietminderung.

Die Rechtsanwaltskammer (RAK) Berlin klagte allerdings gegen den Webdienst auf Unterlassung, weil er ihrer Auffassung nach keine zuläs­sige Inkas­so­dienst­leis­tung sei, sondern eine unzulässige Rechtsberatung anbiete und dadurch Anwälten Konkurrenz mache, ohne an die berufsrechtlichen Bestimmungen der Branche gebunden zu sein. Kanzleien sei es – zum Schutze der Mandanten – zum Beispiel sowohl verboten, mit Fremdkapital zu arbeiten als auch Erfolgshonorar zu verlangen.

Doch die 15. Zivilkammer des Landgerichts Berlin entschied im Januar nun zu Gunsten des Mietrecht-Start-ups und bewertete das Geschäftsmodell als rechtmäßig (19. Januar 2019, Az. 15 O 60/18): „Ihre Dienstleistungen nutzen den Verbrauchern und dem Rechtsverkehr – auch den Rechtsanwaltsgesellschaften – eher, als dass sie ihnen schaden“, heißt es im Urteil. Laut Kammerpräsident Marcus Mollnau behalte sich die RAK Berlin aber vor, zeitnah Berufung gegen das Urteil einzulegen.

Hintergrund der Auseinandersetzung ist, dass sich nach der Einführung der Mietpreisbremse vor drei Jahren mehrere Start-ups daran versucht hatten, für Mieter ortsübliche Vergleichsmieten durchzusetzen. Dank der Digitalisierung sind solche Legal-Tech-Firmen im Kommen, also Onlinedienste, die juristische Arbeitsprozesse unterstützen oder gänzlich automatisiert durchführen.

Doch im Bereich des Mietrechts gab es in Deutschland mehrere Klagen gegen diese Start-ups – von Vermietern ebenso wie von der RAK Berlin. In ihrer Folge verschwanden einige der Dienste vom Markt. Mietright nennt die Rechtsauffassung der RAK Berlin „Klientelpolitik der selbstständigen Rechtsanwälte“. Mietrechtsinitiativen betonen dagegen, dass Onlinedienste wie wenigermiete.de eine sorgfältige, persönliche Beratung, wie sie sie selber anbieten, nicht ersetzen könne. (OS)

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