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Gebärmutter und Katholische KircheBitte nicht zur Verhütung rausnehmen

Der Vatikan sieht eine Gebärmutterentfernung jetzt lockerer. Für gesunde Frauen sei der Eingriff aber weiter unzulässig. Klingt alles absurd? Ist es auch.

Im Interesse von katholischen Männern: die Gebärmutter Foto: dpa

Berlin taz | Für die Katholische Kirche ist eine Gebärmutterentfernung nicht mehr per se unzulässig. Das hat die Kongregation für die Glaubenslehre, eine Art Zentralbehörde der Institution, Ende 2018 beschlossen. Papst Franziskus hat dem ausdrücklich zusgestimmt.

Die Glaubenskongregation selbst besteht aus 26 Mitgliedern – Kardinäle, Erzbischöfe und Bischöfe zusammensetzen. Aktuell haben diese Männer drei weibliche Konsultorinnen. Inwiefern diese oder andere Frauen oder Frauenärzt*innen zu Rate gezogen wurden, ist unklar.

Im Jahr 1993 hat sich die Glaubenskongregation schon einmal mit dem Thema Gebärmutter beschäftigt. Damals hieß es, dass eine Organentfernung nur dann zulässig ist, wenn ansonsten die Gesundheit oder das Leben der Frau in Gefahr sei. Als nicht zulässig wurde eine Hysterektomie selbst dann bezeichnet, wenn eine Frau wahrscheinlich nur Risikoschwangerschaften haben kann.

Genau diese Haltung ist jetzt gelockert, wie die Kongregation in einem erneuten Schreiben an die Öffentlichkeit darlegt: Wenn die ärztliche Gewissheit vorliegt, dass bei einer Frau eine Schwangerschaft nur zur Fehlgeburt führen würde, darf sie sich nun also mit dem Segen der Katholischen Kirche die Gebärmutter entfernen lassen. Denn hier ist die Fortpflanzung eines Paares ja sowieso nicht möglich.

Ach ja genau, für alle nicht so katholisch Versierten: Die Fortpflanzung ist für die Katholische Kirche das hauptsächliche Ziel von Sexualität. Wenn das also nicht mehr möglich ist, aber auch nur dann, ist der Körper einer Frau für die katholische Kirche also so uninteressant genug, dass sie damit machen kann, was sie will.

Zum Beispiel, sich die Gebärmutter entfernen zu lassen. Medizinisch wird zu diesem Eingriff eigentlich nur in Fällen wie Endometriose, Tumoren oder Geschwulste empfohlen. Als Verhütungsmethode, sozusagen gleichgesetzt mit der Sterilisation der Frau, zählt die Organentnahme sowieso offiziell nicht.

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7 Kommentare

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  • Liebe Frau Fiedler,

    Sie übersehen ist, dass Glaube nunmal rein fakultativ und Gewissensfrage ist. Es bleibt GENAUSO wie eine Entnahme der Gebärmutter jeder Frau selbst überlassen, inwieweit sie sich der katholischen Heilslehre im Allgemeinen und den Befindlichkeiten der Glaubenskongregation im Besonderen unterwirft. Effektiv hat die Glaubenskongregation die Aufgabe, den Gläubigen Richlinien an die Hand zu geben, wie sie sich nach ihrer Lesart am ehesten "gottgefällig" verhalten können.

    Ich finde es immer merkwürdig, wenn sich ausgerechnet solche Leute über Antworten auf diese Frage echauffieren, für die diese katholische Gottgefälligkeit ein moralisches Nullum ist, weil sie gar nicht an einen Gott - oder zumindest nicht an die katholische Heilslehre - glauben. Letztlich ist das auch nicht weniger das Rechten der Blinden über Farbenlehre, als wenn Männer sich über den Umgang einer Frau mit ihrem Körper ausbreiten.

    Lassen Sie die Leute doch einfach sagen und glauben, was sie wollen! Gerade in den reichen Ländern, in denen eine Gebärmutterentnahme wirklich eine medizinische "Komfort-Lösung" ist, ist die Säkularisierung weit genug vorangetrieben, als dass die Meinung aus Rom nicht mehr Gesetz ist. Aber wer sie berücksichtigen (und ergo die willkürliche Gebärmutterentnahme wie auch den Sex aus Spaß an der Freude für eine Sünde halten) WILL, der soll das tun können. Das letzte was wir brauchen können, sind Leute, die im Namen der Freiheit versuchen, den Gläubigen Vorschriften zu machen, was sie zu glauben haben.

    • @Normalo:

      Glaube, fakultativ. Ja, so sollte es sein.

      Wenn wir es jetzt auch noch hinbekämen, dass solche Glaubensvorschriften aus der Gesetzgebung (und aus ihrer Anwendugspraxis) entfernt würden, dann wär' ich dabei.

      • @tomás zerolo:

        Wüsste nicht, dass Gebärmutterentnahme gesetzlich verboten wäre.

        Davon abgesehen sollten wir nicht verleugnen, dass es gewachsene Kongruenzen zwischen christlicher und säkularer Werteordnung gibt. Unser Land ist nunmal seit über tausend Jahren weit überwiegend von Christen bewohnt. Das schlägt sich auch bei demokratischer, säkularer Normenbildung unweigerlich hie und da nieder. Am Ende sind schließlich die ethischen Axiome, auf denen ein Wertesystem beruht, logisch notwendig irgendwie "Glaubensfrage".

  • Zitat: „Als Verhütungsmethode, sozusagen gleichgesetzt mit der Sterilisation der Frau, zählt die Organentnahme offiziell nicht.“

    Und das ist auch gut so, möchte mir scheinen. (Nein, ich bin nicht Mitglied der Kongregation und auch keine Konsultorin. Ich bin nur eine Frau mit Schwester.)

    Für eine Frau, die katholische Männer für ihre Sexualmoral kritisiert, scheint Juliane Fiegler mir ziemlich unkritisch mit der eigenen Meinung umzugehen. Womöglich ist der Frauenkörper ja einfach nicht ansatzweise so interessant für sie, wie die Meinung katholischer Führer. Sie wüsste sonst mehr über den Frauenkörper. Zum Beispiel wüsste sie, dass die Entfernung der Gebärmutter ziemlich unangenehme (Spät-)Folgen für die betroffenen Frauen haben kann. Die Risiken reichen von Verletzung des Darms, des Harnleiters oder der Harnblase im Zuge der OP über Wundheilungsstörungen und schmerzhafte Verwachsungen im Anschluss bis hin zu dauerhaften Schmerzen beim Verkehr, Hormonstörungen und Harninkontinenz.

    Angesichts der Tatsache, dass die Auswahl an Verhütungsmethoden heute vergleichsweise vielfältig ist, sollte die komplette und irreversible Organentnahme also vielleicht nicht unbedingt als beste aller Optionen präsentiert werden, nur weil sie als eine Art Endlösung verstanden werden kann, die „den Katholiken“ nicht gefällt. Ist schließlich schlimm genug, wenn alte, kinderlose Männer rücksichtslos sind.

    • @mowgli:

      Nuja, es geht Frau Fiedler augenscheinlich auch nicht darum, hier der Gebärmutterentnahme generell das Wort als wunderbare Sache zu reden. Sie findet es nur übergriffig, dass da ein Haufen zölibatär lebender Männer sich einbildet, eine etwaige Entscheidung der betroffenen Frau zu dem Thema moralisch be-/ aburteilen zu dürfen. Grundsätzlich würde ich das genauso sehen.

      • Juliane Fiegler , Autorin des Artikels, Klimahub und Autorin
        @Normalo:

        Stimme ich zu.



        Aber ich sehe auch keine großen Meinungsdifferenzen mit @Mowgli. Falls es im so rüberkommt, als ob ich eine Gebärmutterentfernung als Verhütungsmethode anpreise, ist das leider ein fälschlicher Eindruck. Über die Risiken bin ich mir bewusst.

        • @Juliane Fiegler:

          Hat wohl einen Nerv getroffen. Entschuldigung übrigens wegen der falschen Schreibweise Ihres Namens.