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Berlin kauft zurück

Ein Stöhnen geht durch den Vorlesungsraum im Gesundheitsamt Friedrichshain. Es ist Ende Oktober, MieterInnen von der Karl-Marx-Allee haben sich auf Einladung des Bezirks in die Klappstühle gezwängt, vor ihnen steht Friedrichshain-Kreuzbergs Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne). Soebenhat er die Reizworte gesagt: „Deutsche Wohnen“. Das Unternehmen, Berlins größter und bei vielen verrufener Vermieter, hat nicht nur ihren Block, den Arbeiterpalast D-Süd, gekauft, sondern noch drei weitere. Etwa 750 Wohnungen des einstigen DDR-Prachtboulevards, für eine Summe von schätzungsweise 300 Millionen Euro.

Heute, ein Vierteljahr später, können die MieterInnen aufatmen. Noch vor Weihnachten hatten sich Bezirk und Senat auf ein Verfahren verständigt, das selbst im kreativen Berlin ungewöhnlich ist. Es heißt „gestreckter Erwerb“ und geht so: Weil die MieterInnen gegenüber der Deutschen Wohnen ein Vorkaufsrecht haben, nicht aber eine landeseigene Wohnungsgesellschaft, nehmen es die Betroffenen wahr und überschreiben im gleichen Augenblick den gerade erworbenen Besitz auf die Gesellschaft, in diesem Falle die Gewobag.

Im Januar nun verkündeten Senat und Bezirk stolz das Ergebnis. In den drei Blöcken, in denen der „gestreckte Erwerb“ zur Debatte stand, haben sich 34, 40 und 46 Prozent für dieses Vorgehen entschieden. Damit verfügt die Gewobag gegenüber den anderen EigentümerInnen über eine Sperrminorität. Darüber hinaus haben 30 Mieter ihre Wohnungen gekauft – mit einem günstigen Kredit der Investitionsbank Berlin. Baustadtrat Schmidt bewertete das Ergebnis als „Pilotprojekt“.

Und das war es wohl tatsächlich. Mitten in seiner Jahresauftaktpressekonferenz am vergangenen Freitag ließ Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine Bombe platzen und erklärte, die Wohnungen der damals landeseigenen GSW, die der Senat 2004 verkauft hatte und die 2013 bei der Deutsche Wohnen gelandet waren, zurückkaufen zu wollen. „Ich kann mir vorstellen, dass es da ein Kauf- und Übernahmeangebot an die Deutsche Wohnen geben wird“, sagte Müller. „Wie die Deutsche Wohnen agiert und sich in der Stadt präsentiert, wird immer unglücklicher.“

Mehr als 50.000 Wohnungen hat Müller im Visier; damit käme der Senat seinem Ziel, die Zahl der kommunalen Wohnungen von 300.000 auf 400.000 zu erhöhen, ein erhebliches Stück näher. Und er würde den Schwung mitnehmen, das ein Volksbegehren mit sich brächte, das im Frühjahr startet: „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ ist das Ziel. Müller will die Deutsche Wohnen teilweise kaufen. Im Ergebnis wäre es das Gleiche, denn auch im Fall einer Enteignung müsste entschädigt werden. Hauptsache, Rekommunalisierung, lautet in Berlin die Devise.

Erik Peter, Uwe Rada

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