Bäckereikette aus Ostdeutschland: Gebäck ohne Zukunft
Die Kette Lila Bäcker ist insolvent. Tausende Angestellte bangen um ihre Stellen – in einer Region, in der ohnehin vielerorts Jobs fehlen.
BERLIN taz | Die Brötchen in der Tüte mit dem lilafarbenen Aufdruck kennen vor allem Menschen im Nordosten Deutschlands. Dort ist Lila Bäcker als Teil des Unternehmens „Unser Heimatbäcker“ für rund 2.700 Menschen auch Arbeitgeber – noch. Denn die Zukunft der Kette ist ungewiss. Am Dienstag hat sie beim Amtsgericht Neubrandenburg Insolvenz angemeldet.
Die rund 400 Filialen befinden sich neben dem Standort Berlin in den ländlich geprägten Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein. Gerade hier sei es für Bäckereien oft schwierig, sich langfristig zu halten, sagt Meike Bennewitz vom Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks.
Die Menschen würden den ländlichen Raum zunehmend verlassen, um in Städte zu ziehen. „Grundsätzlich regelt die Nachfrage der Verbraucher die Konzentration von Verkaufsstellen in einer Region“, sagt Bennewitz. Außerdem würden sich Einkaufsmöglichkeiten an die Stadtränder verlagern. Diesen würden die Bäckerfilialen folgen – die Konkurrenz zwischen den Ketten verschärft sich dort, während es im Dorfkern kaum mehr Filialen gibt.
„Diese Entwicklung beeinflusst die Nahversorgung mit Lebensmitteln im ländlichen Raum stark“, so Bennewitz. Die Insolvenz von Lila Bäcker könnte diese Situation zusätzlich verschärfen – nach eigenen Angaben handelt es sich um die größte Filialbäckerei Ostdeutschlands. Gerade für die alternde Bevölkerung dort ist ein lokaler Bäcker wichtig.
Gehälter nur noch bis Februar
Das Insolvenzverfahren wird das Unternehmen in Eigenregie durchführen, heißt es in einer Pressemitteilung. Produktion und Verkauf sollen zunächst weitergehen. Durch das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit seien die Gehälter aber nur noch bis Ende Februar gesichert. Sollte das Verfahren nicht erfolgreich sein, würden die Entlassungen eine Region treffen, in der neue Stellen ohnehin rar gesät sind.
Laut Ostsee-Zeitung haben einige Fahrer*innen der Firma bereits heute ihre Arbeit niedergelegt – sie hätten von der Insolvenz erst aus den Medien erfahren und den Lohn vom Vormonat immer noch nicht erhalten. Schon im vergangenen Jahr hat das Unternehmen Betriebsteile geschlossen und über 200 Mitarbeiter*innen entlassen.
Leser*innenkommentare
Henry Wilhelm vagt
2700 Drecksjobs weniger zu denen ich gezwungen werden kann. Danke Adam Smith.
Sonntagssegler
@Henry Wilhelm vagt Glücklich, wenn Sie zu denen gehören, die nicht arbeiten müssen.
Andernfalls müssen Sie dann wohl irgendeinen anderen Drecksjob annehmen müssen.
Und für Mecklenburger wird der Weg zum Brot (noch) länger.
Der freie Markt macht manche Prozesse "effizienter" aber eben nicht zwingend besser für die Menschen. Das liegt daran, das der Bewertungsmaßstab "Preis" nicht alle gewünschten Aspekte allgemeinwirksam widerspiegelt.
97088 (Profil gelöscht)
Gast
„Grundsätzlich regelt die Nachfrage der Verbraucher die Konzentration von Verkaufsstellen in einer Region“
Genau - und wer das als Filialbetreiber aus den Augen verliert - verliert. Den Verlust von vielen Arbeitsplätzen finde ich auch dramatisch, ebenso den Verlust örtlicher Einkaufs- und Kommunikationsmöglichkeiten durch Ladengeschäfte.
Die Konsumrealität für Dinge des täglichen Bedarfs ist aber eine andere: Zentral, billig, schnell.
Die Alternative: Genossenschaftlich organisiert Dorfläden selber aufbauen bzw. reaktivieren. Da gibt es sogar Fördergelder!