Silberstreif im Abgas-Grau

Kiel will Luft rein waschen statt rein halten

Die Angst geht um in Kiel, die Angst vor dem Dieselfahrverbot. Aber nun ist ein Silberstreif am abgas-düsteren Horizont aufgetaucht. Er kommt in Form eines Kastens von den Ausmaßen eines Kleinbusses, der demnächst auf dem Seitenstreifen des Theodor-Heuss-Rings parken soll. Dort werden die Stickoxid-Grenzwerte dauerhaft deutlich überschritten. Das Gerät, das eine Firma in Trittau entwickelt hat, soll wie ein großer Staubsauger das Stickoxid-Schwermetall-Sauerstoff-Gemisch ansaugen, das in deutschen Innenstädten als „Luft“ bezeichnet wird.

Im Gerät werden Schadstoffe herausgefiltert. Zur Bürgersteigseite entlässt das Gerät eine frische Brise. Wie es die Stadtplanung will, soll der Stadtluftreiniger ganz dicht bei einer Messstation parken. Davon gibt es mehrere an der Straße, und die meisten zeigten in den vergangenen Monaten zu hohe Stickoxid-Werte. Sauger an, Werte sinken, Problem gelöst? Ach, wenn es so einfach wäre!

Der Filterbus ist ein Prototyp und noch in der Erprobungsphase. Er wird daher nur einige Wochen in Kiel stehen, dann soll die Technik in anderen Städten zum Einsatz kommen. Die Anlage sei ohnehin nur eine Ergänzung zu den weiteren Plänen der Stadt, sagte Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) am Donnerstag. Unter anderem wird überlegt, eine Fahrspur für böse Diesel zu sperren, um sie etwas weiter weg vom Bürgersteig und den Häusern zu bringen.

Das Umweltministerium hatte ein grundsätzliches Dieselfahrverbot für die Straße ins Gespräch gebracht. Um das zu verhindern, greife die Stadt nach jedem Strohhalm, sagte der Leiter des Kieler Umweltschutzamtes, Andreas von der Heydt, laut den Kieler Nachrichten im Bauausschuss.

Der Strohhalm in Form des Stadtluftreinigers soll voraussichtlich Ende Januar aufgestellt werden. Stadt und Firma wollen im Testbetrieb unter anderem feststellen, wie laut das Gerät ist, ob die Luft auf der Bürgersteigseite tatsächlich sauberer wird und wie viele Todesopfer die Technik fordert. Denn für Biene Maja und Verwandte bedeutet ein Dauersauger auf der Straße so etwas wie einen stationären Wirbelsturm mit letalen Folgen.

Doch die Sorge ist unbegründet: Dank des Insektensterbens gibt es ja gar nicht mehr so viele Krabbler, die im Filter verenden können. Wieder ein Problem gelöst. Esther Geißlinger