Seehofer tritt als CSU-Chef zurück: Jetzt aber wirklich

Es ist offiziell und liegt schwarz auf weiß vor: Horst Seehofer tritt im Januar zurück. Aussichtsreichster Nachfolgekandidat ist Markus Söder.

Auf einem Namenschild steht BM Seehofer. Davor liegen ein weißes DIN A4 Blatt sowie zwei Bleistifte. Daneben steht eine weiße Porzellantasse mit Untersetzer

Alles in schönster Ordnung: An Horst Seehofers Platz sind die Bleistifte gespitzt Foto: dpa

MÜNCHEN taz | Nein, beruhigt CSU-Generalsekretär Markus Blume am Donnerstagmittag, es sei keine „perfide, neue Strategie“ seiner Partei, die bayerische Landtagspresse in das Kellergewölbe eines Münchner Burger-Braters zu laden, während andernorts vom Parteichef sensationelle Neuigkeiten verkündet werden. Er habe gerade noch einmal mit Horst Seehofer telefoniert und könne versichern: Dieser werde sich erst am Freitag zu seiner Zukunft erklären.

Nun gelten Rücktrittsankündigungen von Horst Seehofer mittlerweile eher als politischer Alltag denn als große Sensationen, dennoch rätselten Seehoferologen bis zuletzt, wovon Seehofer denn nun zurücktreten werde: Vom Parteivorsitz? Vom Parteivorsitz und vom Amt des Bundesinnenministers? Oder doch nur vom Rücktritt?

An diesem Freitag nun, um 10.26 Uhr ist es offiziell: CSU-Chef Horst Seehofer kündigt an, im Januar als Parteichef abzutreten. Der offizielle Charakter dieser Ankündigung wird auch noch durch die Form der Ankündigung unterstrichen: Sie erfolgt – ganz unseehoferisch – schriftlich. Ohne Ironie, ohne Augenzwinkern, ohne Hintertürchen.

Da steht es nun also schwarz auf weiß: „Das Jahr 2019 soll das Jahr der Erneuerung der CSU sein. Ich werde deshalb für den 19. Januar 2019 zu einem Sonderparteitag der CSU mit Neuwahl des Parteivorsitzenden einladen. Zu diesem Zeitpunkt werde ich mein Amt als Parteivorsitzender zur Verfügung stellen.“ Punkt.

Mit dem Rücktritt wird eine Ära zu Ende gehen. Zehn Jahre stand Seehofer an der Spitze seiner Partei, bis zum Frühjahr diesen Jahres war er zugleich auch bayerischer Ministerpräsident

Mit dem Rücktritt wird eine Ära zu Ende gehen. Zehn Jahre stand Seehofer an der Spitze seiner Partei, bis zum Frühjahr diesen Jahres war er zugleich auch bayerischer Ministerpräsident. Seine späte Karriere in der Landespolitik hatte damals die Niederlage ermöglicht, die Parteichef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein bei der Landtagswahl 2008 erlebten. Unter ihrer Führung war die CSU auf ein historisches Tief von 43,4 Prozent gestürzt.

Ein respektables Ergebnis, würde man aus heutiger Sicht sagen: Bei der Landtagswahl vor knapp fünf Wochen landete die CSU mit Markus Söder als Spitzenkandidat und Seehofer als Parteichef nur noch bei 37,2 Prozent. Der Unterschied: Heute kreidet man das elende Erscheinungsbild in der CSU ausschließlich dem Parteichef an.

Söder hingegen wird als der geeignetste Mann betrachtet, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Dass er als Ministerpräsident mit dazu beigetragen haben könnte, ihn dort hinein zuschieben, will man so nicht sehen. Im Gegenteil: Ihm sei zu verdanken, dass das Wahlergebnis am Ende nicht ganz so übel ausgefallen sei, wie es manche Umfragen schon prognostizierten.

So kommt es, dass ausgerechnet Markus Söder nun zum zweiten Mal die besten Karten in Sachen Seehofer-Nachfolge zu haben scheint. Nicht zuletzt in der Landtagsfraktion hatten sich in den vergangenen Tagen und Wochen viele dafür ausgesprochen, dass Söder nun auch den Parteivorsitz übernehmen solle. Dies hängt sicher nicht nur damit zusammen, dass Söder in der Partei und Fraktion sehr gut vernetzt ist, sondern auch mit dem Wunsch, dass wieder Ruhe in die Partei einkehren möge. Sind Staatskanzlei und Parteizentrale in einer Hand, gibt es zumindest an dieser Stelle keine Reibungen mehr.

Nach Seehofers Rücktrittsankündigung dauerte es nur wenige Minuten, da meldete sich auch schon der bayerische Finanzminister und Chef des CSU-Bezirks Oberpfalz, Albert Füracker, zu Wort. Söder müsse nun Parteichef werden, sagte Füracker, der treueste Vassall des Ministerpräsidenten. „Aus meiner Sicht ist es nun wichtig, beide Spitzenfunktionen – Ministerpräsident und Parteichef – wieder zusammenzuführen. Ich würde mir wünschen, dass Markus Söder nun baldmöglichst seine Kandidatur für den Vorsitz erklärt.

Möglicher Gegenkandidat: Manfred Weber

Erklärt hat sich Söder bislang freilich noch nicht, ob er kandidieren will. Auch gehörte er zu den wenigen, die keine Rücktrittsforderungen an Seehofer artikulierten. Intern soll er aber nach anfänglichem Zögern seine Bereitschaft erklärt haben. Als einzig ernstzunehmender möglicher Gegenkandidat wird immer wieder Manfred Weber genannt, der gerade von seiner EVP-Fraktion zum Spitzenkandidaten für die Europawahl im nächsten Jahr nominiert wurde. Doch der hat lange gezaudert. Und etliche in der Partei zweifeln, ob sich das Parteiamt mit dem von Weber angestrebten Posten des EU-Kommissionspräsidenten vereinbaren lässt.

In der Freitagsausgabe des Handelsblatts hält sich Weber allerdings eine Kandidatur offen. Es sei für einen überzeugten Europapolitiker wie ihn auf jeden Fall eine Bestätigung, für das Amt des Parteivorsitzenden im Gespräch zu sein, sagte der Politiker. Weber fügte aber auch hinzu: Das Amt des EU-Kommissionspräsidenten habe für ihn Priorität. Könnte heißen: Wenn Söder die Hand hebt, wird es Weber nicht auf eine Kampfkandidatur anlegen und so durch neuen Parteistreit seine Karrierepläne in Brüssel schmälern. Sollte Söder aber überraschenderweise doch vor der Herausforderung zurückschrecken, stünde er bereit.

Auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt war zwischenzeitlich für das Amt im Gespräch, hat jedoch mittlerweile erklärt, er strebe es nicht an.

Völlig unklar ist indes auch, wie lange Horst Seehofer nun sein Regierungsamt auszuüben gedenkt und ob seine Partei mit diesen Plänen einverstanden sein wird. Auch ohne das Amt des CSU-Chefs könne er Bundesinnenminister bleiben, ließ CSU-Veteran Edmund Stoiber indes vernehmen. Jeder Innenminister habe in einem Kabinett einen besonderen Einfluss, weil die innere Sicherheit ein überragendes Gut sei, sagte er der Rheinischen Post. Der teilweise Rückzug Seehofers sei allerdings nicht optimal gelaufen. „Der Abgang aus der Politik ist nie einfach, aber letztlich war der Wunsch nach einem Generationswechsel in der Partei zu groß.“

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